Als Putzfrau Gottes Liebe in die Häuser tragen
Franziska Remund (47) aus Thun ist erlernte Hauswirtschafterin. Es war nicht ihr Wahlberuf. Da sie als Jugendliche aber nicht wusste, welchen Beruf sie erlernen sollte, entschied ihre Grossmutter für sie. Nach Jahren als Mutter und Leiterin eines Hotels arbeitet sie immer noch (wieder) auf ihrem erlernten Beruf. Sie putzt, wäscht, räumt auf und macht alle Dinge, die jemand anderes nicht tun kann – oder nicht tun will.
Liebe für den Job
Obwohl Franziska den Beruf der Hauswirtschafterin nicht mit Überzeugung gewählt hat, liebt sie heute ihre Arbeit sehr. Nein, es ist nicht das Putzen als Tätigkeit, was ihr Freude bereitet. «Es ist schön, Ordnung und Sauberkeit zu schaffen», sagt sie. Durch ihre Arbeit jemandem zu dienen, ist eine grosse Sache. «Eigentlich sind wir doch alle unser Leben lang am Putzen oder Aufräumen», hält Franziska fest. «Ein Zahnarzt putzt und flickt die Zähne von Patienten und die Assistentin eines Managers bringt Ordnung in die Akten.» Sie selbst sieht es als Privileg, den Menschen dort unter die Arme zu greifen, wo sie wohnen – in deren persönlichen vier Wänden. «Eigentlich ist es in jedem Beruf dasselbe: Wir helfen anderen Menschen.»
Eine Frau erkennt ihren Wert
«Niemand wird durch einen Beruf wertvoll oder wertlos.» Diese Wahrheit ist Franziska sehr wichtig geworden. Es gibt immer wieder Leute, die sie als «nur eine Putzfrau» betrachten. Zuweilen spürt sie diese Haltung gut. Oft wurde sie auch von Mitmenschen herausgefordert, mehr aus ihrem Leben zu machen. «Es gab Zeiten, in denen ich auch glaubte, mein Beruf sei etwas Geringes. Doch das stimmt nicht.» Sie erkannte, dass ihr Wert nicht von ihrem Beruf abhängt. «Ich bin nicht 'nur eine Putzfrau', sondern eine Frau, die von Gott geliebt und angenommen ist.» Zuweilen merkt sie, wie Menschen aufgrund ihrer Würde irritiert sind.
«Niemand darf meine Würde rauben»
Franziska wuchs ohne Vater auf. Und auch sonst war niemand da, der sie in ihrer Identität gestärkt hätte. Viele Jahre war sie auf der Suche nach ihrem Wert. «In dieser Suche kam ich schliesslich bei Gott an. Er begegnete mir und gab mir Wertschätzung!» In einem jahrelangen Prozess lernte Franziska, fest auf Gottes Liebe und seinen Zusagen zu stehen. Das führte dazu, ihren Wert zuerst in Gott zu sehen. Gerade in harten Lebenskrisen bewährte sich ihr Glaube an Jesus und sie erstarkte in ihrer Identität in ihm. «Die grössten Krisen wurden zum Besten, was in meinem Leben passieren konnte – ich erstarkte, als ich meinem himmlischen Vater begegnete in Jesus.» Die Erkenntnis, von Gott wertgeschätzt zu sein, lässt sie sich von niemandem mehr nehmen. «Das kann mir niemand nehmen, denn ich bin der Wahrheit begegnet!»
Das Empfangene weitergeben
In ihrer Arbeit sieht Franziska eine gute Gelegenheit, ihren Glauben zu leben. Und ja: Sie arbeitet noch immer als Haushaltshilfe und bringt Gottes Liebe in die Wohnungen. «Menschen zu dienen ist für mich als Christ eine Selbstverständlichkeit. Wir sind dafür geschaffen.» Die Liebe Gottes für ihre Mitmenschen schenkt ihr die Freude an ihrer Arbeit. Und eigentlich ist ihr Job gar nicht übel. «Ganz ehrlich: ich putze lieber die Böden anderer Menschen, als deren Zähne.» Doch auch im Zähneputzen kann jemand seinen Mitmenschen dienen.
Als Haushaltshilfe anderen Menschen aufrichtig zu dienen, ist für Franziska nur deshalb möglich, weil sie ihren Wert in Jesus erkannt hat – und damit auch den Wert ihrer Mitmenschen. Sie ist nicht «nur Putzfrau» und drückt diese Haltung auch aus. So begegnet sie auch kranken Menschen, die ihre Haushaltung nicht mehr selbst auf Vordermann bringen können. «Alle Menschen sind wertvoll in Gottes Augen. Ganz unabhängig davon, was sie leisten können oder wie viel sie verdienen.»
Ein Herz für Frauen
«Ich bedaure immer wieder, wie viele Frauen ihren wahren Wert nicht erkannt haben.» Deshalb möchte Franziska Frauen zusprechen: «Du bist wertvoll!» Egal ob als Mutter, im Berufsalltag oder wo auch immer: Der Wert eines Menschen hängt niemals von dessen Tätigkeit oder Status ab. Und auch nicht vom Geschlecht.
Sehr bedauerlich ist, wenn auch in christlichen Gemeinden die Wertmassstäbe von Positionen, Aktivitäten oder Begabungen abhängig gemacht werden. «Es gibt so viele Dinge, nach denen wir streben, um dadurch eigenen Wert finden zu können. Aber das funktioniert nicht. Den echten Wert finden wir nur bei Gott.» Und meist liegt unsere Bestimmung viel näher vor unseren Füssen als wir erahnen. Dies hat Franziska aus eigener Erfahrung gelernt. «Sobald ich erkannt hatte, dass mein Wert unabhängig von meinen Leistungen war, war ich befreit, Gott in allen Dingen zu dienen. Ich wünsche mir, dass Frauen dasselbe erfahren und sich nicht von den Wertmassstäben der Gesellschaft bestimmen lassen müssen.»
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Datum: 11.12.2017
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet