«Gott reagiert anders als erwartet»
Graziella Rogers, als «Miss Earth Schweiz» 2009 sind Sie ohne Frage eine wunderschöne Frau. Kennen auch Sie Selbstzweifel?
Graziella Rogers: Ich denke, dass ein grosser Teil der Schönheit von innen kommt. Ich sah die schönsten Frauen der Welt und selbst sie sind mit sich nicht zufrieden. Es gibt immer irgendjemanden, der besser oder schöner ist als man selbst, sei es nun im Beruf, im Sport oder eben in der Schönheitsbranche. Entscheidend ist, ob man sich akzeptieren kann und will, wie man ist, mit allen Schwächen und Mankos. Tut man das nicht, beginnt man entweder arrogant zu werden und sich über andere zu erheben, um sich besser zu fühlen, oder man setzt sich selbst herab und stürzt sich in Selbstzweifel. Beides führt schlussendlich zum inneren Tod.
Wie gehen Sie mit Selbstzweifeln um?
Wenn mich Selbstanklagen überkommen, ist das wie bei einem defekten Plattenspieler: Die Gedanken kreisen dann in meinem Kopf und kommen wieder und wieder. Ein Trick, den ich dagegen anwende, ist das Gebet. In solchen Situationen spreche ich meistens ein vorformuliertes Gebet wie einen Psalm oder das Vaterunser und merke dabei, wie gute Gedanken nach und nach Raum einnehmen und das Negative verdrängen. Gerade das Vaterunser hilft mir, mich auf das Wesentliche zu fokussieren. In solchen Momenten stelle ich immer wieder fest, dass mich Gott aus dem Sumpf zieht.
Teenagern werden heute in den Medien Idealbilder vermittelt, die sie oftmals unter Druck setzen. Was möchten Sie der Jugend mit auf den Weg geben?
Wir sollten uns bewusst sein, wie sehr Social Media die Realität verzerren. Wenn wir zum Beispiel auf Facebook Bilder unserer Freunde sehen, sind das oft Momentaufnahmen, die ein perfektes Leben vorgaukeln – geschminkt, im besten Licht, vor atemberaubender Kulisse. Das löst insbesondere bei Jugendlichen die Vorstellung aus, das Leben müsse stets schön sein. Aber in Wirklichkeit ist das Leben nicht immer schön, es muss nicht immer schön sein und wird es auch nie. Je früher man sich damit abfindet, desto besser. Man darf durchaus ein paar Kilo mehr auf der Hüfte oder einen Pickel im Gesicht haben. Wichtig ist einfach, dass man sich selbst akzeptiert.
Wie geht das konkret?
Es gibt jede Menge Tricks, die dabei helfen. Zum Beispiel kann man das Gegenteil von dem, was man über sich denkt, auf ein Post-it schreiben und an den Spiegel kleben. Denn leider nimmt man die eigenen Makel oft besonders stark wahr. Ich habe beispielsweise relativ grosse Augenringe. Das ist das erste, was ich sehe, wenn ich morgens in den Spiegel blicke. Schlussendlich ist es aber wichtig, auf das zu vertrauen, was andere über uns sagen. Die Meinung anderer zählt genauso wie unsere eigene Meinung. Ähnlich ist es auch bei Gott. Wenn er etwas über uns sagt, ist das wertvoller als unsere Selbstwahrnehmung. Und wenn Gott sagt, es sei gut, dann ist es gut.
Sie kennen Gott seit Ihrer Kindheit und gehen mit ihm durch Dick und Dünn. Wie wirkt sich Ihre persönliche Beziehung zu Gott im Alltag aus?
Der Weg, den ich mit Gott gegangen bin, ist lang. Meine Eltern haben sich früh getrennt und ich hatte lange Zeit Mühe, Gott als Vater zu sehen. Ich habe aber festgestellt, dass er mir kein Gottesbild aufzwingt, sondern sich mir so zeigt, dass ich ihn verstehen kann. Gott kennt meine Ängste und Herausforderungen. Er würde mich nie überfordern. Das ist es, was ich an ihm so liebe. Gott reagiert immer anders, als ich erwarten würde. Selbst wenn ich etwas verbocke, kommt er mit einer unverdient sanften und liebevollen Art, tröstet und heilt mich.
Welchen Stellenwert hat Jesus Christus für Sie?
Mir ist Jesus sogar noch ein bisschen näher. Er ist es, der effektiv mit mir durchs Leben geht, der auch in turbulenten Zeiten bei mir ist und mich tröstet. Für mich persönlich ist Jesus derjenige, der sich am besten in meine Situation einfühlen kann, weil er am Kreuz hing und dadurch das ultimative Leid erlebt hat. Gerade wenn ich mit Trauer oder Wut konfrontiert bin, ist er für mich derjenige, der diese Gefühle am besten nachvollziehen kann. Schliesslich hat er das alles auch durchlebt, als er auf dieser Erde gelebt hat und für unsere Sünden am Kreuz gestorben und auferstanden ist.
Zur Person:
Graziella Rogers ist in Aarberg aufgewachsen und lebt heute in Biel. Die 29-Jährige engagiert sich seit ihrer Wahl zur «Miss Earth Schweiz» 2009 mit Herz und Seele für karitative Zwecke und arbeitet bei der Organisation «AVC Schweiz», die sich für verfolgte Christen starkmacht. Aus dem Modelbusiness hat sich Graziella Rogers mittlerweile zurückgezogen. Die Schweizerin mit sri-lankischen Wurzeln ist seit vier Jahren mit Michael verheiratet.
Zum Interview:
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Datum: 22.04.2016
Autor: Aaron Aebi
Quelle: Livenet