Hilfe in Anspruch nehmen

Zurück zum Leben!

Viele Menschen leiden heute an Depressionen. Einer davon ist Pfr. Max Hartmann, der die Erkenntnisse seiner langen Krankheitsgeschichte nun in einem Buch öffentlich macht.
Max Hartmann (Bild: Facebook)
Max Hartmann mit seiner Ehefrau
Max Hartmann beim Predigen in der Kirche

Max Hartmann (*1959) ist verheiratet mit Eva, hat zwei erwachsene Töchter und ist seit 33 Jahren reformierter Pfarrer in Brittnau. Vor gut 20 Jahren tauchten in seinem Tagebuch vermehrt Wörter wie «erschöpft» oder «Burn-out» auf. Bis er Hilfe suchte, sollte es jedoch noch eine Weile dauern. «Die Arbeit forderte mich und ich war oft am Limit, hatte oft Mühe, nein zu sagen.»

Verschiedene Symptome

Aufgrund unterschiedlichen Symptomen und gesundheitlichen Problemen fühlte sich Max Hartmann irgendwann dazu gedrängt, einen Arzt aufzusuchen. Leider konnte auch mit Röntgenuntersuchungen, Magenspiegelung, Überwachung des Blutdrucks und anderen Tests keine Ursache für den Zustand gefunden werden.

«Irgendwann sagte ich zu meinem Arzt, dass ich glaubte, depressiv zu sein.» Der Arzt stimmte dem Verdacht sofort zu. «Nach anfänglicher Ablehnung, es mit Antidepressiva zu versuchen, willigte ich dank der Ermutigung meiner Frau ein.» Wegen schlechten Nebenwirkungen wurde der Versuch aber umgehend abgebrochen.

Dann wurde es schlimm

«Im Herbst 2014, auf dem Weg in die Toskana, hatte ich eine Panikattacke. Die Ferien waren halbwegs erträglich und zurück in der Schweiz suchte ich sofort einen Arzt auf.» Für vertiefte Abklärungen war nun ein Psychiater gefragt und Max Hartmann meldete sich in der christlichen psychiatrischen Klinik Sonnhalde in Riehen. «Anfangs löste das bei mir Scham aus. Die früher verbreitete Meinung, damit zum Kreis irrer Spinnern zu gehören, hatte mich geprägt.» Die Notwendigkeit sah er zwar ein, doch die Scham blieb. «Ich hatte viele Fragen und der Gedanke, mit Medikamenten vollgepumpt zu werden, war mir unheimlich.»

Diagnose, Therapie und Trauma

Er durchlief ein standardisiertes Verfahren, gab Auskunft über verschiedene Lebensbereiche und füllte Fragebögen aus. Die Diagnose wurde dann an den Hausarzt weitergeleitet: «Mittelschwere Depression.» Zu diesem Zeitpunkt war Max Hartmann 55 Jahre alt und nur noch begrenzt arbeitsfähig. Zeitweise war er krankgeschrieben, um sich auf die Therapie zu konzentrieren. «Rasch stiessen wir zu den Wurzeln vor.» Ein Trauma in der Kindheit, der Unfalltod seines Bruders, wirkte sich jetzt aus. Sich einzugestehen, das Opfer der kindlichen Erfahrungen zu sein, war für ihn wichtig – ohne in der Opferrolle zu verharren. «Nach sechs Wochen stieg ich stufenweise wieder in den Arbeitsprozess ein.» Nach mehreren erfolglosen Versuchen konnte auch das richtige Medikament gefunden werden.

Nachdem er wieder bei einem Arbeitspensum von 100 Prozent angekommen war, erlitt Max Hartmann im Herbst 2015 einen Rückfall. Es brauchte vertiefte Begleitung. Diesmal machte er eine integrative körperzentrierte Psychotherapie. «Auch die ergänzende Atemtherapie, eine Osteopathie und der Besuch im Fitnessclub taten mir gut.»

Trägt der Glaube?

«Gott liebt jeden Mensch unabhängig seiner Leistung, seines Aussehens und seiner Herkunft.» So tönte es an einer Evangelisation, die Max Hartmann als Teenager besuchte. Der Evangelist sprach auch davon, dass jeder Mensch Gemeinschaft mit Gott haben darf und Gott für jedes Leben einen Plan hat. An diesem Tag folgte der Jugendliche der Einladung, Jesus sein Leben zu übergeben. Vom Pfarrer und der Kirche wurde er gut in den ersten Glaubensschritten angeleitet. Auch die Jungschar, wo ihm Verantwortung anvertraut wurde, war ihm eine grosse Hilfe.

Doch dann, Jahrzehnte später, steckte Max Hartmann in einer Krise. Würde sein Glaube tragen? Als Bibelleser waren ihm die Klagepsalmen und auch die Geschichte Hiobs vertraut und so wusste er, dass die Schattenseite des Lebens zum Menschsein dazugehören kann – auch als Christ. «In meiner Depression habe ich oft geklagt, Gott dabei aber nie in Frage gestellt.» Er war sich bewusst, dass Gott ihn versteht. «Vor Gott muss ich nicht fromm tun.» Heute ist er dankbar, von Gott getragen worden zu sein.

Durch verschiedene Erfahrungen neue Tiefe gewonnen

Auf dem Weg der Genesung unternahm Max Hartmann eine Reise nach Afrika, wo er ärmsten Menschen begegnete. Etwas später machte er eine Pilgerreise. Bibelworte wurden ihm wichtig und er erlebte Gott auf vielerlei Weise. Einmal träumt er, dass Jesus seine Füsse waschen wollte. Dass er kurze Zeit später in der Ukraine eine Ikone erwerben konnte, welche die Fusswaschung zum Thema hat, war für ihn die Bestätigung, dass er sich von Gott dienen lassen darf.

«Es ist heilsam, dass der Glaube in eine Gemeinschaft eingebettet ist, die uns trägt und gut tut.» Letztlich bleiben Dankbarkeit und ein Schatz wertvoller Erfahrungen, die ihm zu einem neuen Blick aufs Leben verhalfen.

Erfahrungen teilen

Ein Mentor, welcher schon länger Einblick ins Tagebuch von Max Hartmann hatte, ermutigte ihn, diese Erfahrungen in einem Buch festzuhalten. «Er sagte, ich habe eine Gabe zu schreiben und solle etwas damit machen.» Nach reichlichem Überlegen folgte er dem Rat und teilte seine Erfahrungen mit einer Leserschaft. «Es gibt mehr als genug Menschen, die von ähnlichen Krankheiten betroffen sind», sagt er und hofft, dass manche von ihnen durch sein kürzlich erschienenes Buch «Zurück zum Leben» persönlich profitieren können.

Zum Buch:
Zurück zum Leben

Zum Thema:
Gott persönlich kennenlernen
Menschen mit Depressionen aushalten: «Viel zu lange kämpfte ich alleine»
Christ und depressiv?: Wenn die Seele durch dunkle Täler muss
Christ und depressiv – Teil 2: Wenn ein Theologe Depressionen bekommt...

Datum: 09.10.2021
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Jesus.ch

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung