Verbandsdirektor

Ansgar Gmür will nach der Pension Pfarrer werden

Der Direktor des Schweizer Hauseigentümerverbands studiert nebenher Theologie. Nach der Pensionierung will er reformierter Pfarrer werden. Als humorvoller Mensch, der gut mit schwierigen Charakteren umgehen kann, sieht er sich dafür bestens gerüstet. Bald lobbyiert Gmür für Gott.idea Spektrum: Ansgar Gmür, Sie möchten im Ruhestand als Pfarrer tätig werden. Wie sind Sie darauf gekommen? Ansgar Gmür:
Der Direktor des Schweizer Hauseigentümerverbands, Ansgar Gmür, will nach seiner Pensionierung Pfarrer werden.

Wenn man Christ ist, muss man irgendwann über die Bücher gehen und sich fragen: «Was habe ich mit meinem Leben getan?» Will man die eigenen Talente nur zum Geldverdienen einsetzen oder auch mal für etwas anderes – eben für Gott. Darum habe ich vor über einem Jahr angefangen, an der Uni Zürich die alten Sprachen zu studieren. Erst Althebräisch, was enorm schwierig ist, und nun Griechisch. Die ersten drei Monate konnte ich kein Wort behalten. Ich sagte zu meiner Frau: «Ich brauche gar nicht mehr hinzugehen.» Aber dann ging es plötzlich. Jetzt, nach 47 Jahren Arbeit, tue ich mir das also noch an; aber ich fühle mich immer noch sehr frisch.

Von welchen Talenten sprechen Sie?
Das Reden ist mir im Blut. Ich werde sehr viel von Vereinen, Zünften etc. als Redner angefragt. Als Bergler habe ich Humor. Mein Grossvater war schon ein grosser Sprüchemacher. Das Leben ist sonst zu kurz und zu ernst. Und Gott hat auch Humor! Man muss sich nur anschauen, wie er die verschiedenen Tiere gemacht hat. Eine Zeitung hat über mich geschrieben: «Bald lobbyiert er für Gott.» Das stimmt, man lobbyiert als Pfarrer für Gott. Zudem bin ich es gewohnt, mit schwierigen Menschen zu tun zu haben. Wenn beim HEV nur ein Prozent der Mitglieder schwierig ist – was durchaus realistisch ist – dann sind das schon 3'300 Menschen.

Es war also kein alter Kindheitstraum, den Sie sich nun erfüllen?
Nein! Wenn man mir das vor 30 Jahren gesagt hätte, hätte ich zurückgefragt: «Trinken Sie zu viel?»

Wie waren die Reaktionen auf die Medienberichte bisher?
Bis auf eine einzige sehr positiv. So schrieb mir ein alter Jugendfreund und Inhaber einer grösseren Firma: «Lieber Ansgar, auch wenn ich kein Kirchgänger bin, zu deinen Predigten werde ich sehr gerne kommen.» Wenn ein Pfarrer über die Wirtschaft redet, dann winken die meisten Geschäftsleute ab: «Was weiss der schon über das Business? Er ist Pfarrer.» Ich war viele Jahre sehr erfolgreich im Geschäft, darum sagen die Leute: «Da komme ich auch mal zuhören. Das ist glaubwürdig.»

Wie sieht der konkrete Plan aus?
Im Herbst werde ich pensioniert, ab September 2018 beginne ich ein Vollstudium der Theologie. Vielleicht habe ich nach dem Bachelor schon genug. Das kommt darauf an, wie es geht. Eine Pfarrstelle werde ich nicht bekommen, weil ich dafür zu alt bin, aber als «Springer» kann ich arbeiten.

Worüber möchten Sie unbedingt einmal predigen?
Ich habe schon oft über das Thema «Christsein im Alltag» gesprochen. Nicht-Christen und Christen verstehen das jeweils ganz anders. Der Nicht-Christ erwartet, dass man als Christ immer die rechte und die linke Backe hinhält. Aber nur mit «nett und fromm» kommt man im Business nicht weiter. Ich selbst bin grundehrlich, hart, aber fair; das fängt bei den Steuern an. Mit dieser Haltung habe ich nur positive Erfahrungen gemacht, das wird allgemein respektiert. Gewisse Geschäfte mache ich aus ethischen und moralischen Gründen nicht.

Auch Beerdigungen und Trauungen werde ich gerne halten. Einmal durfte ich bei der Beerdigung eines guten Freundes eine Ansprache halten. Ich war der Einzige, der die Bibel erwähnte, und erzählte auch eine lustige Geschichte, sodass die Leute lachen mussten. Hinterher kamen viele zu mir und sagten, dass sie die Ansprache enorm geschätzt hätten. Sie lobten: «Wenigstens haben Sie noch die Bibel erwähnt!»

Der Hauseigentümerverband
Der Schweizer Hauseigentümerverband (kurz: HEV) ist mit über 320'000 Mitgliedern einer der grössten Vereine in der Schweiz.

Ansgar Gmür ist seit Mai 2000 als Direktor tätig. Er ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Töchtern. In seiner Freizeit trat Gmür als Bauchredner auf. Er absolvierte eine nebenberufliche Solistenausbildung als Tenor am Konservatorium Zürich. Zudem engagiert er sich als Vorstandsmitglied für die Vereinigung der Freunde des Klosters Einsiedeln. Zurzeit studiert er nebenher Theologie.

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Datum: 28.11.2017
Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: idea Spektrum Schweiz

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