Luke Gasser: Fasziniert von der Ethik von Jesus
Livenet: Wie beendet Luke Gasser den Satz: Jesus ist ...?
... die bedeutendste und für mich wichtigste Persönlichkeit der Menschheitsgeschichte.
Warum?
Die bedeutendste, weil historische Tatsache; für mich die wichtigste Person, weil seine Sicht auf Religion und Glaube revolutionär war. Bei ihm ist Religion nicht Selbstzweck, sondern Hilfe für Menschen. Seine Ethik ist das Beste und Klügste, was ich je gehört habe.
Sie haben sich mit Jesus befasst. Das Resultat?
Erstens: Niemand von heute war damals dabei; die ganze Wahrheit kennt niemand. Zweitens: Obwohl Jesus zu den bestdokumentierten Persönlichkeiten der Antike zählt, sind Quellen nicht allumfassend und von Autoren-Überzeugungen überlagert. Er ist kontrovers, die Evangelien widersprüchlich. Das muss man nicht wegdiskutieren, sondern aushalten. Anspruch auf Absolutheit ist falsch; das ist Gift und Kriegsursache. Vielleicht meinte Jesus genau das, als er prophetisch sagte, dass er «Feuer und Schwert» bringe (Die Bibel, Lukasevangelium, Kapitel 12, Verse 49-53).
Und die Bilanz?
Mein Jesus-Bild hat sich nicht geändert. Aber ich frage mich, warum der Schöpfer von 100 Millionen Galaxien den rettenden Heilsplan so vage dokumentieren liess. Und warum der Schöpfer des Universums es nötig hatte, nach dem Entsenden seines Sohnes noch Paulus zu schicken, um dann die Evangelien persönlich und leider auch misanthropisch zu deuten. Warum sollen Gottes Kinder von Geburt an eigentlich böse und verloren sein?
Zur Trennung von Kirche und Staat: Wieviel Kirche erträgt die christliche Schweiz?
Ich stehe zum christlichen Background unseres Landes. Aber je älter ich werde, desto richtiger finde ich den laizistischen Ansatz. Leider haben sich nämlich christliche Kirchen lange nicht mit Ruhm bekleckert; sich stets hinter Macht und Reichtum gestellt. Luther forderte sogar, alle Bauern des gerechtfertigten Thomas Müntzer-Aufstandes zu töten, weil sie Gottes Ordnung von Obrigkeit und Untertanen verletzt hätten. Die katholische Kirche hat sich hinter Scheusale wie Franco und Pinochet gestellt und der Vatikan hat meines Wissens die Menschenrechtserklärung nie ratifiziert. Viele soziale Fortschritte erkämpften Laizisten. Das sollte uns Christen zu denken geben.
Wie sehen Sie das viel diskutierte Verhältnis mit Muslimen?
Immigration aus muslimischen Kulturen gibt Probleme, wenn wir jedem Anspruch gerecht werden wollen. Da wird Laizismus* zum Segen: Wer hier lebt, hat sich an unsere Gesetze und Wertesysteme zu halten: Gleichberechtigung, Demokratie, offener Diskurs und offener Umgang mit Sexualität. Schulpflicht gehört dazu, inklusive Schwimmunterricht und Lager. Da ist für mich kein Spielraum. Es hat Blut, Schweiss und Tränen gekostet, diese Werte zu erkämpfen, weswegen kein Jota davon preisgegeben werden darf.
Und Jesus sollte allgemeinverträglich sein ...
Jesu Ethik ist «allgemein verträglich»; aber das ändert sich, wenn Glaube überheblich wird und man «Ungläubige» als «Verirrte» unwiderruflich zum «Highway To Hell» sendet.
*Unter Laizismus versteht man vor allem die Trennung von Staat und Kirche oder Religion. Der Begriff «laicité» entstand in Frankreich im 19. Jahrhundert und ist dort seit 1946 in der Verfassung verankert. Laizismus bezeichnet allgemein auch eine Gesellschaftsordnung, der eine religiöse Neutralität zugrunde liegt.
Zur Person
Luke Gasser, Rockmusiker, Filmemacher, Bildhauer und Autor der Innerschweizer Künstler Luke Gasser (1966) ist in Lungern aufgewachsen. Nach einer gestalterischen Ausbildung in Luzern hat er sich als freischaffender Künstler einen Namen gemacht. Vor allem in Musik und Film. 2007 kandidierte Luke Gasser als Parteiloser für den Nationalrat. Mit dem preisgekrönten Film «the Making of Jesus Christ» und als Buchautor hat er sich intensiv mit der Person von Jesus Christus auseinandergesetzt.
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Luke Gasser
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Datum: 07.03.2016
Autor: Georg Hoffmann
Quelle: Life Channel / Viertelstunde für den Glauben