Zwingli: «Tut um Gottes Willen etwas Tapferes»
Wer von der Reformation redet, verbindet dies in der Regel mit Martin Luther. Vielleicht auch noch mit Johannes Calvin. Aber wer bitte ist Huldrych Zwingli? «Zwingli – Der Reformator» bringt einen zurückhaltenden und gleichzeitig wirkungsmächtigen Menschen auf die Leinwand. Der Schweizer Reformator hatte nicht nur einen messerscharfen Verstand, er forderte seine Zeitgenossen – gerade die Mächtigen – heraus und forderte sie auf: «Hört auf, nur von Gott zu schwatzen, tut um Gottes willen etwas Tapferes.»
Der Mensch
Zwingli wurde 1484 in Wildhaus im Obertoggenburg geboren. Und eigentlich hiess er gar nicht Huldrych, sondern Ulrich. Er änderte später seinen Namen, um nicht den «Reichtum», sondern die «Gnade» zu betonen. Auf einem Bauernhof geboren, war es seinem wohlhabenden Vater bald klar, dass dieser Junge studieren müsste. Er schickte ihn zu Privatlehrern nach Basel und Bern. Der Dominikanerorden hätte ihn wegen seiner Musikalität gern genommen, doch der Vater verhinderte das und schickte ihn zu einem Studium der freien Künste nach Wien. Anschliessend studierte Zwingli in Basel Philosophie und Theologie und wurde dann mit 22 Jahren Prediger in Glarus, später arbeitete er als Feldpriester der Schweizer Söldner in Oberitalien.
1519 kam er als Leutpriester ans Züricher Grossmünster. Dort kritisierte er – von Luther inspiriert – vieles an der katholischen Kirche. Er predigte klar und allgemein verständlich auf Deutsch und legte in erster Linie die Evangelien aus. Luthers Reformation in Deutschland begann mit dem Thesenanschlag in Wittenberg, Zwinglis Reformation in der Schweiz mit dem berühmten «Wurstessen» während der Fastenzeit. In der Folge wurde Zwingli dreimal zu sogenannten «Disputationen» vorgeladen, bei denen er sich rechtfertigen sollte. Vor bis zu 1'000 Zuhörern fand er biblische Argumente für sein Reden und Handeln, die den Zürchern einleuchteten. Sie gaben ihm recht – und die Reformation in der Schweiz nahm ihren Lauf.
Der Film
«Zwingli – Der Reformator» setzt bei seinem Eintreffen in Zürich ein. Der Film zeigt Zwinglis Einsatz gegen soziale Ungerechtigkeit genauso wie sein Wüten gegen die Täufer, deren Vertreter Felix Manz er hinrichten liess. Er zeigt sein Engagement für eine Bibelübersetzung, die er Stück für Stück in Gottesdiensten präsentierte. Er zeigt seine Liebe zur Witwe Anna Reinhart, mit der er erst zusammenlebte und sie dann heiratete. Und er endet mit seinem Tod 1531 in der Schlacht bei Kappel gegen die katholischen Innerschweizer.
Der Film ist keine Hollywood-Produktion, doch mit einem Budget von sechs Millionen Schweizer Franken gehört er zu den grösseren Schweizer Filmprojekten. Er wurde an 37 Drehtagen von Februar bis April 2018 aufgenommen. In der Schweiz hatte er bereits im Januar 2019 seine Premiere – und wurde mit knapp 250'000 Kinozuschauern zu einem der erfolgreichsten Schweizer Filme. Am Reformationstag startet er in den Kinos in Deutschland.
Die Wirkung
Die Neue Zürcher Zeitung kritisiert am Film, dass Zwingli sich schon zu auch Lebzeiten nie in den Vordergrund stellte und sich deswegen kaum zum Helden eigne. Und der Film hätte die Chance verpasst, «den Reformator aus der Imagination neu zu schaffen». «Als Mensch wird Zwingli hinter den historischen Ereignissen kaum fassbar. Er geht auf in seinem Werk – oder verschwindet in ihm, wie man will. Anders als Luther, dessen Persönlichkeit noch fast in jeder Zeile, die er schrieb, bebend spürbar wird, nahm Zwingli sich persönlich zurück. Von sich selber sprach er ungern. Eigentlich tat er es nur, wenn er dazu gezwungen wurde.» Offensichtlich begegnen sich hier Stärke und Schwäche des Films: Was dem einen als blutleer erscheint, ist für den anderen eine möglichst authentische und nicht geschönte Version des Menschen Huldrych Zwingli und seiner Reformation.
Zwinglis Reformation hat einen bis heute bleibenden Einfluss. Er konzentrierte sich auf das, was in der Bibel stand. Anders als Luther oder auch Calvin trennte er Kirche und Staat nicht. Und seine Zürcher Übersetzung der Bibel ist nicht nur bei Wissenschaftlern sehr beliebt. Natürlich gibt es auch zahlreiche Kritikpunkte, nicht zuletzt sein drakonisches Vorgehen gegen die Täuferbewegung. Doch insgesamt zeichnet die Geschichte genauso wie der aktuelle Film ein sympathisches Bild des Menschen Huldrych Zwingli. Ja, er kämpfte für die Wahrheit, doch: «Die Wahrheit hat ein fröhlich Antlitz.»
Trailer und mehr Informationen zum Film finden Sie hier.
In einem Livenet-Talk wurde bereits über den Zwingli-Film gesprochen:
Zum Thema:
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Datum: 28.10.2019
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet