Es gibt Besseres als ein leidfreies Leben
Rüdiger Sellin ist 56 Jahre alt, seit 32 Jahren mit Claudia verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. Seit 1988 lebt der eingebürgerte Deutsche in der Schweiz.
Krankheitserfahrungen in der Kindheit
Eher zufällig wird beim oft kränkelnden Rüdiger Diabetes Typ 1 diagnostiziert. Von heute auf morgen muss der Zehnjährige lernen, seinen Blutzucker zu kontrollieren und entsprechend Insulin zu spritzen – trotz seiner Angst vor Spritzen. Später kommen weitere schmerzhafte Krankheiten hinzu, doch davon ahnt noch niemand etwas. So kann er nach seiner Gymnasialzeit ein FH-Studium ohne Verzögerung und mit hervorragenden Noten abschliessen und in den Arbeitsprozess einsteigen.
Wenn die Spritze den Weg für die Liebe bahnt
1985 nimmt Rüdiger an einem Wanderlager im Graubünden teil. Wegen einer akuten Unterzuckerung verabreicht ihm eine junge Schweizerin eine Glucagen-Injektion. Doch dabei bleibt es nicht – knapp zwei Jahre später heiraten sie. Nach kurzer Ehezeit in Deutschland zieht das junge Paar in die Schweiz. Rüdigers berufliche Laufbahn kommt schnell in Fahrt. Die Geburt seiner beiden Söhne rundet sein privates Glück ebenso ab wie ein Hauskauf. Gesundheitlich geht es ihm nicht schlecht und es scheint, als würde er trotz Einschränkungen ein gutes Leben führen können. Doch dann kommt der nächste Schlag…
Rheumatoide Arthritis
1997 erleidet Rüdiger eine mehrwöchige Lungenentzündung, in deren Anschluss eine Rheumatoide Arthritis (RA) ausbricht. Die Schmerzen sind unerträglich, Hände und Füsse beginnen sich zu verformen. Die Therapie mit hochdosiertem Cortison wird unumgänglich. Jedoch wirkt Cortison dem Insulin entgegen, so dass sein Körper ein totales Durcheinander erlebt. Erst später wird ein Autoimmunsystemdefekt diagnostiziert und entsprechend behandelt.
Das Leben wird schwierig, auch wegen diverser Gelenkoperationen. Die permanent hohen Schmerzen erschweren seine damalige Arbeit mit häufigen Geschäftsreisen sehr. Rüdiger beantragt eine 50%-Invalidenrente. Nach rund zwei Jahren wird diese genehmigt, und Rüdiger wandelt seinen Kadervertrag in eine 50%-Tätigkeit. Dies ist nicht einfach, weil Männer in dieser Zeit nur selten Teilzeit arbeiteten. Das bekommt Rüdiger zu spüren. «In der Geschäftshierarchie fällst du sofort mehrere Stufen nach unten. Du fühlst dich plötzlich eher geduldet als respektiert.»
Die grosse Frage nach dem Warum
Die meisten Menschen in einer vergleichbaren Situation fragen nach dem «Warum» für ihr Leiden. Rüdiger stellte diese Frage nicht und behielt seinen Glauben an den liebenden Gott, der ihn von Kindheit an begleitet.
«Heute glaube ich, dass Gott selbst mich aus meinem Arbeitseifer herausgenommen hat. Durch meine Krankheit musste und durfte ich die Prioritäten im Leben neu ordnen.» Die Zeit, die Rüdiger jetzt zum Nachdenken findet, führt nicht zu Selbstmitleid. Er investiert mehr Zeit in seine Beziehung mit Jesus Christus. «Es gibt nichts Besseres, als Zeit mit ihm zu verbringen!» Selbst in leidvollen Zeiten findet Rüdiger immer wieder Gründe zum Danken.
Neue Lebensinhalte
Bald schon entdeckt Rüdiger Dinge, die er trotz seiner Krankheit tun kann. Er besucht Englischkurse und macht eine Ausbildung zum Seelsorgebegleiter. Beruflich bildet er sich zum Fachjournalist weiter. Doch weit mehr als seine neuen Beschäftigungen ist für ihn der Glaube. «Ich halte mich am Kreuzesstamm fest», beschreibt Rüdiger seinen Glauben. «Jesus ist meine Kraftquelle! Ohne ihn könnte ich meine Schmerzen unmöglich aushalten!»
Oft erwacht er deswegen nachts und kann nicht mehr schlafen. Schmerzmedikamente und Entzündungshemmer sind ständige Begleiter. Wandern kann er längst nicht mehr und die eingeschränkte Leistungsfähigkeit kann schon mal das Gefühl vermitteln, weniger wert zu sein. Doch genau dann hält er sich umso mehr an Jesus fest, der seinem Leben ewige Werte verleiht.
Immer Grund zum Danken
Das Lächeln in Rüdigers Gesicht ist Ausdruck tiefer Lebensfreude. «Gott hat mir ein ewiges Leben ohne Schmerzen verheissen! Darauf freue ich mich.» Doch nicht nur die Hoffnung auf das Leben nach dem Tod verleiht Rüdiger Kraft. «Jeden Tag lebe ich aus seiner Kraft heraus.» Was weder Gesundheit, noch beruflicher Erfolg, nicht einmal die Institution Kirche geben kann, hat er bei Jesus gefunden: Echte Lebensfreude!
«Eines der schönsten Geschenke, das Gott der Menschheit gemacht hat, ist die Musik», ist Rüdiger überzeugt. Er hat eine grosse Leidenschaft, Jesus mit Liedern anzubeten und ihm zu danken für all das Gute, das er durch IHN erfahren darf.
«Gott ist gut!» Da besteht für Rüdiger keinen Zweifel. Und wenn er daran denkt, dass ohne Krankheit seine Beziehung zu Jesus nicht annähernd so tief wäre, blickt er dankbar auf sein Leben. Ein leidfreies Leben ist für ihn längst nicht das höchste Ziel. «Jesus hat tatsächlich einen wunderbaren Plan für mein Leben!»
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Datum: 15.06.2019
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Jesus.ch