Die Lebenskraft empfangen und weitergeben
In der Bibel begegnet uns das Wort «Segen» oder «segnen» allein im Alten Testament über 400 Mal. Das hebräische Wort «barach» hat viele Bedeutungsebenen. Man kann es unter anderem folgendermassen übersetzen: mit heilvoller Kraft begaben, loben, preisen, zusprechen, Gutes zusagen. Allgemein kann man sagen: Segen stärkt immer das Leben. Er mehrt es, schützt es, erhält es, bringt es zum Überfluss und in die Fruchtbarkeit.
Segen wird in der Regel verbal ausgedrückt, aber oft begleiten ihn auch Zeichenhandlungen oder Gesten. Das deutsche Wort «segnen» kommt vom lateinischen «signare» – «etwas mit einem Zeichen versehen». Das lateinische Wort für Segen ist «benedictio» und bedeutet «Gutes sagen». Es zeigt einen weiteren wichtigen Aspekt des Segens auf: Es ist ein gutes Wort, das zu oder über einem Menschen oder einer Situation ausgesprochen wird. Bekannt sind Segenswünsche, die wir uns am Geburtstag zusingen oder die uns am Abschluss eines Gottesdienstes zugesprochen werden. Viele Menschen kennen auch die beliebten irischen Segenswünsche, die weite Verbreitung gefunden haben. Dennoch ist den meisten Menschen nicht genau klar, worum es beim Segen im Kern geht.
Wir segnen mit Gott
Segen kann man auf ganz verschiedene Weise erbitten oder zusprechen. Die Unterschiede kann man an folgenden Beispielen erkennen:
- Ich wünsche dir gute Besserung. (Wunsch)
- Herr, bitte heile ihn. (Fürbitte)
- Gott will dich heilen. (prophetischer Zuspruch)
- Der Herr heile dich. (Segensbitte)
- Ich segne dich in seinem Namen mit Heilung. (Segen)
Wir können Gott um Segen bitten – wie wir etwa von Jabez lesen: «Bitte segne mich und lass mein Gebiet grösser werden. Beschütze und bewahre mich vor Unglück» (Die Bibel, 1. Chronik, Kapitel 4, Vers 10). Dieses Gebet hat viele Menschen inspiriert, um Segen in ihrem Leben zu bitten. Was klar ist: Wenn wir um Segen bitten, dann beten wir zu Gott. Wenn wir hingegen Segen aussprechen und andere segnen, tun wir es mit Gott. Wir bitten nicht »nur« um Segen, sondern sprechen im Namen Jesu Segen aus. Dazu sind wir befähigt und autorisiert.
Denn wir sind Miterben aller Verheissungen, die durch Christus wirksam sind. Das heisst natürlich nicht, dass wir jetzt im Giesskannenprinzip alles segnen sollen, was uns begegnet. Es bedeutet vielmehr, dass wir aus der Verbindung zu Christus heraus sensibel für das werden, was er gerade stärken und segnen möchte. Um es dann in seinem Auftrag zu tun.
Auch Feinde segnen?
Als Lehrerin habe ich (Rosemarie) immer wieder erlebt, wie sich Kinder in der Pause bei ihren Streitereien beschimpften. Sagte der eine «Du Idiot!», versuchte der so Beschimpfte ihn noch zu übertreffen: «Du Oberidiot!» Nie habe ich es erlebt, weder bei einem Kind noch bei einem Erwachsenen, dass in so einer Situation jemand sagte: «Sei gesegnet!»
Aber genau das ist Gottes Weg für uns. Jesus fordert seine Nachfolger auf, ihre Feinde zu lieben. Er ist gekommen, damit alle Menschen die Liebe des Vaters im Himmel erfahren. Ein konkreter Ausdruck der Liebe ist der Segen.
Jesus hat es klargemacht: Segnen ist unser Auftrag – es gibt keine Ausnahme. Es gibt nicht einen Menschen, den wir verfluchen dürfen. Ganz egal, was er uns angetan hat. Jeder ist auf die Barmherzigkeit und die Vergebung Gottes angewiesen. Wenn wir sie selber in Anspruch genommen haben, dann möchte Jesus auch, dass wir sie weitergeben.
Aber erlauben wir damit nicht, dass das Böse sich weiter ausbreitet? Stärken wir durch den Segen nicht vielleicht ein böses Tun? Gesegnet wird der Mensch – nicht das, was er tut. Der Segen soll gerade dazu verhelfen, dass das Böse in dem anderen Menschen überwunden wird. Der Segen ist Gottes Gegenkraft gegen das Böse. Wer andere segnet, wird bewahrt vor Bitterkeit und Groll. Nur mit einem vergebenden Herzen kann man wirklich segnen. Das doppelt Gute: Damit bleibt man auch selber im Segensstrom Gottes.
Selber ein Segen sein
Immer wieder sagen Menschen mir (Kerstin): «Du bist ein Segen für viele!» Ich erlebe wiederum selbst viel Segen: Menschen ermutigen, unterstützen und helfen mir. Sie beten für mich und sprechen mir Gottes Liebe zu. Und Gott selbst liebt mich, mehr als ich überhaupt aufnehmen kann. Ich strecke mich nach Segen aus, wo ich ihn nur kriegen kann. Wenn ich Menschen sehe, die in einem bestimmten Bereich ihres Lebens gesegnet sind, bitte ich sie, mich spezifisch dafür zu segnen.
Das hat sogar in Lebensbereichen, in denen ich definitiv nicht sehr gesegnet war, Auswirkungen gezeigt. Durch spezifischen Segen von musikalischen Menschen wurde meine mangelnde Musikalität zwar nicht «weggebeamt», doch erheblich abgemildert. Das ist ein Segen für die Menschen um mich…
Wenn ich Gott und Menschen um Segen bitte, tue ich das nicht zum Selbstzweck. Natürlich freue ich mich und geniesse es, wenn ich gesegnet bin. Wie etwa durch einen lebenslangen Massagegutschein, den mir kürzlich jemand versprach. Was für ein Segen! Doch es geht mir immer auch darum, dass andere Menschen etwas von dem Segen erhalten, den ich bekomme. Je mehr Segen ich empfange, umso mehr kann ich weitergeben. In Form von Impulsen und Rat, von materiellen Gaben und Geschenken. So war auch der Segen an Abraham gedacht – nicht nur für ihn. Er konnte die Freundschaft Gottes, die Liebe seiner Frau und den materiellen Segen durchaus geniessen. Doch es ging auch darum, ein Segen zu sein – für andere. Wir dürfen auch ein Segen sein!
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Datum: 28.11.2013
Autor: Kerstin Hack / Rosemarie Stresemann
Quelle: Down to Earth Verlag