Wo bleiben Würde und Gleichberechtigung?
Natürlich, das Patriarchat aus den Zeiten, in denen Religionen entstanden sind, erklärt die ungleiche Stellung der Frau. Erstaunlich ist bei all den religiösen Weisheiten aber doch, dass die Frau so wenig geachtet wird.
Die Frau im Buddhismus
In der frühen buddhistischen Lehre «Theravada» (180 v. Chr. Bis 200 n. Chr.) war alles Weibliche ein Ausdruck des Leidens, der Begierde und der Weg zu neuen Wiedergeburten der überwunden werden musste. Was Buddha in der frühen Theravada-Literatur zu den Geschlechtern sagt, wirkt abschreckend frauenfeindlich.
Im Laufe der Zeit veränderte sich die Lehre ein wenig. In der Literatur des «grossen Weges» wird die Frau zumindest schon mal mit Weisheit in Verbindung gebracht. Für die vollständige Erleuchtung ist allerdings ein männlichen Körper nötig. Auch heute noch, im so genannten «Diamantweg-Buddhismus», der beispielsweise in Tibet gelebt wird, gilt eine weibliche Wiedergeburt niedriger als eine männliche.
Die Frau im Islam
Laut Koran ist die Frau aus dem Mann geschaffen, damit er ihr «beiwohne» und eine zahlreiche Nachkommenschaft gesichert ist (Sure 16,74*). Der Mann darf «wann und wo auch immer» er will, auf dieses sexuelle Recht zurückgreifen (Sure 2,223*). Nach dem Koran bevorzugt Gott einen Mann vor einer Frau. «Die Männer haben Vollmacht gegenüber den Frauen, weil Allah die einen vor den anderen bevorzugt hat. (...) Ermahnt diejenigen (Frauen), von denen ihr Widerspruch befürchtet, sperrt sie in die Schlafgemächer und schlagt sie. Wenn sie euch gehorchen, dann wendet nichts Weiteres gegen sie an.» (Sure 4, Vers 38*).
Doch erwähnt der Koran an mehreren Stellen, dass die Frau sich in Bezug auf ihre Menschlichkeit nicht vom Mann unterscheidet. Zudem kann die Frau durch Frömmigkeit die gleiche Belohnung erhalten wie ein Mann und ins Paradies gelangen.
Die Frau im Judentum
Auch wenn Mann und Frau gleichwertig gelten, gab es im frühen Judentum eine Rollenverteilung, die den Mann begünstigte. Trotz Patriarchat gibt es neben den männlichen Glaubenshelden auch zahlreiche Erzmütter und Heldinnen, welche die jüdische Geschichte prägten. Zu bemerken ist auch, dass sich nur jüdisch nennen darf, wer eine jüdische Mutter hat.
Im 19. Jahrhundert gab es eine Welle der Emanzipation im Judentum. Danach fingen auch Frauen an die Thora zu lesen und das Amt des Rabbiners auszuüben. Trotzdem dürfen jüdische Frauen auch heute noch keine Scheidung einreichen, das können nur Männer. Und: Beten an der Klagemauer in Jerusalem ist Männern vorbehalten.
Wie Jesus mit Frauen umging
Zu einer Zeit in der Antike, in der Frauen eine untergeordnete Rolle spielten und Männer in der Öffentlichkeit nicht mit Frauen sprachen, behandelt Jesus Frauen erstaunlich ebenbürtig. Seine Botschaft, dass vor Gott alle Menschen gleich sind, dass ein frommer Rabbi Gott ebenso nötig habe wie eine Sünderin, ist revolutionär.
Jesus setzte sich souverän über die damalige Rollenverteilung hinweg. Er stellte sich auf die Seite einer Ehebrecherin. Er redete auf Augenhöhe mit einer Ausländerin über theologische Gedanken. Er erhebt Maria, die sich wie eine Schülerin zu ihm setzt, über Martha, die sich ihre Hausfrauenpflichten erfüllt. Nach seinem Tod begegnet der auferstandene Jesus zuerst Frauen.
Wie wohltuend ist die würdevolle Wertschätzung von Jesus. Wenigstens einer, der anders ist.
*Die Suren sind einer deutschen Übersetzung des Koran entnommen, «Der Koran», erschienen im Reclam-Verlag.
Datum: 01.01.2014
Autor: Miriam Hinrichs
Quelle: Jesus.ch / buddhismus-schule.de / ead.de