Gebet ist keine Einbahnstrasse
«Wir neigen beim Beten dazu, Gott erklären zu wollen, was uns beschäftigt und
was wir von ihm erbitten. Gott aber kennt uns durch und durch. Er weiss, was
wir brauchen und möchte zu uns sprechen. Das Gebet ist ein lebendiges Gespräch.» Diese Einschätzung äusserte der sächsische
(evangelische) Landesbischof Tobias Bilz in einem Interview mit Livenet.
«Sicher, Gott redet nicht akustisch hörbar», erläuterte Bilz, «aber, wenn ich etwas darin geübt bin, kann ich in meinen Gedanken Gottes Stimme wahrnehmen. Ich spüre seine Nähe, fühle mich verstanden und geborgen.»
Aufruf zum Friedensgebet
Bischof Tobias Bilz ist seit März 2020 Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens (EVLKS). Kurz nach Ausbruch des Ukrainekrieges rief er zum Gebet für den Frieden auf. «Beten und Tun sind unsere ureigenen Möglichkeiten, als Christinnen und Christen in dieser Welt Verantwortung zu übernehmen. Mit diesem Gebet für den Frieden wollen wir auch ein Zeichen setzen für unsere Glaubensgeschwister im Baltikum und in Belarus, in Russland und der Ukraine.»
«Sei du der Herr heute»
Für ihn persönlich sei das Gebet eine Gelegenheit, Gott die eigene Hingabe auszudrücken. «Es geht da um ganz schlichte Gebete und darum, dass wir uns immer wieder neu in Gottes Hand geben und uns bereit erklären, uns von ihm gebrauchen lassen», erklärte der Bischof. «Dass wir ihm unseren Verstand und Willen, unsere Kraft und unser Gefühl, unsere Möglichkeiten und Grenzen, unsere Stärken und Schwächen, einfach alles bringen und ihm ganz schlicht sagen: 'Sei du der Herr heute.' Das macht etwas mit mir und die Haltung, in der ich durch den Tag gehe.»So bete er beispielsweise jeden Tag Martin Luthers Morgensegen, in der diese Hingabe beispielhaft formuliert sei.
Beten ist etwas Intimes
Gegenüber Livenet brachte Landesbischof Bilz auch zum Ausdruck, dass es nicht darum gehe, ob jemand vorformulierte oder freie Gebete zu Gott spreche. Das sei nicht entscheidend. Die Gewohnheiten beim Gebet seien vielfältig und individuell verschieden. «Gebet ist etwas Intimes, da muss jeder seine Form und den Ausdruck wählen, der ihm entspricht.»
So bete er in seiner persönlichen Gebetszeit auch immer wieder laut, «denn, was ich ausspreche, das geht von mir weg zu Gott hin, während das Gebet in Gedanken auch zu einem Kreisen um mich selbst werden kann».
Zwei wichtige Zusagen der Bibel für das Gebet
Für seine Gebetszeiten sei die Zusage aus der Heiligen Schrift ganz wichtig, dass das «Gebet des Gerechten» viel bewirke. In der Übersetzung Hoffnung für alle lautet der Satz: «Denn das Gebet eines Menschen, der nach Gottes Willen lebt, hat grosse Kraft.» (Jakobusbrief, Kapitel 5, Vers 16)
Auch der Rat von Paulus, in allem dankbar zu sein, sei für seine Gebetszeiten wichtig. An die Thessalonicher schrieb Paulus: «Dankt Gott, ganz gleich wie eure Lebensumstände auch sein mögen. All das erwartet Gott von euch, und weil ihr mit Jesus Christus verbunden seid, wird es euch auch möglich sein.» (1. Thessalonicher, Kapitel 5, Vers 18).
Gebetsaktion «Gemeinsam vor
Pfingsten»
Gemeinsam mit anderen christlichen Leitungspersönlichkeiten ruft Landesbischof Bilz zum Gebet «Gemeinsam vor Pfingsten» am 30. Mai auf. Die Gebetszeit (Beginn 19 Uhr) wird live aus der Dresdener Kreuzkirche gestreamt und ist auf Youtube, Bibel-TV und Sachsen Fernsehen zu sehen. Zum Gebet sind Christen aus der Schweiz, Österreich und Deutschland aus allen christlichen Konfessionen eingeladen. Die Initiative steht unter dem Leitwort «Wir hören nicht auf, gemeinsam zu beten. Wir hören nicht auf, um den Heiligen Geist zu bitten. Wir hören nicht auf, unsere Hoffnung auf Gott zu setzen.»
Mit Einheit kommt auch Segen
Für Bischof Tobias Bilz ist die ökumenische Ausrichtung dabei von grosser Bedeutung. «Einheit ist geradezu eine Voraussetzung für Segen. Uneinigkeit ist wie ein Gefäss mit Rissen, aus dem das Wasser abfliesst. Wenn Christen kein Miteinander haben, geht der Segen, den Gott schenken will, verloren.»
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Datum: 25.05.2022
Autor: Norbert Abt
Quelle: Livenet