Recht behalten oder nachgeben?
Neulich kam ich um halb zwölf von einem Hauskreis heim. Als ich aufschliessen wollte, hakte der Schlüssel, und ich kam trotz aller Bemühungen nicht ins Haus. Zum Glück stand eins meiner Fenster «auf Kipp». Da war es leicht, durch den schrägen Spalt zu greifen und den Hebel umzulegen. Das Fenster war offen, und ich konnte bei mir selbst einbrechen.
Am nächsten Morgen wollte ich das Schloss auswechseln, versuchte es aber vorher noch einmal mit ein paar Tropfen Öl. Und siehe da! Der Schlüssel drehte sich anstandslos. Es heisst ja: «Öl wirkt Wunder», und ich hatte es wieder einmal praktisch erfahren. Da dachte ich an so manche Beziehungen zwischen uns Menschen, wo auch «nichts mehr geht». Es gibt Verletzungen auf beiden Seiten, Rechthaberei, Streit und sogar Magengeschwüre, und von allen Seiten hört man den Rat: «Das hat doch keinen Zweck mehr. Trennt euch doch einfach!»
In der Bibel wird der Heilige Geist oft mit Öl verglichen. Wenn wir nun Gott um seinen Geist bitten würden, dass er uns zeigt, was wir bei uns selbst ändern müssten, und auch um Kraft, das dann zu tun, wäre ein grosser Teil der Schwierigkeiten beseitigt. Ein offenes Schuldeingeständnis unsererseits bringt auch auf der anderen Seite oftmals die Verteidigungsmauern zum Einsturz, und man kann sich wieder die Hand reichen. Wäre das nicht, was wir alle gern wollen? Ja, aber wo bleibt unser Recht? Die Sache können wir getrost Gott überlassen. Wenn er auf unserer Seite ist, können wir auf seine Durchhilfe vertrauen.
Zum Thema:
Versöhnt leben: Vergeben – oder darüber hinwegsehen?
Datum: 28.07.2012
Autor: Hermann Grabe
Quelle: Leben ist mehr