Ans eigene Sterben denken
Welche Konsequenzen hätte es, wenn ich mein eigenes Todesdatum kennen würde? Dieses Gedankenspiel führte bei Heiko Bräuning zu einem spannenden Experiment. Der Pfarrer, Autor und Musiker bestimmte nämlich den 16. April 2016 als seinen fiktiven Todestag. Im Buch «Mein Deadline-Experiment» veröffentlichte er daraufhin seine Erfahrungen.
Lebst du klug?
Begonnen hatte das Ganze, als sich Heiko Gedanken über mögliche Inhalte eines Totensonntag-Gottesdienstes machte. «Da liess ich mir von einer inneren Stimme sagen: Predige doch wieder mal über Psalm 90.» Dort heisst es: «Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.» Nach ersten inneren Widerständen stolperte er über das Wörtchen «klug». Er fragte sich selbst: «Heiko, obwohl du dich schon so oft mit dem Sterben auseinandergesetzt hast: Lebst du klug?»
Eine hebräische Wortstudie lehrte Heiko, dass mit «klug» die Eigenschaft eines Kapitäns gemeint ist, der auf seinem Schiff richtige Entscheidungen treffen und gleichzeitig Situationen richtig einschätzen muss, um sein Ziel zu erreichen.
Ausbrechen ist möglich
Heiko wollte klug werden. Und der Weg dahin bestand im Nachdenken über den eigenen Tod. Er notierte sich seinen fiktiven Todestag, welcher vier Jahre in der Zukunft lag, in seinem Kalender. Im Talk schildert Heiko, wie sich seine Prioritäten daraufhin zu verschieben begannen. Einmal entschied er, seine Arbeit liegenzulassen, um Zeit für seinen Sohn zu haben. Interessanterweise stellte er dann fest, wie glücklich ihn diese Aktion machte und er in der Folge seinen Arbeitsberg viel effizienter abbauen konnte.
Heiko erzählt auch, wie sich das Experiment auf seine Ehe und seine ganze Art der Entscheidungsfindung auswirkte. Ihm wurde wichtig, «das Wichtige vom Nichtwichtigen zu trennen». Heiko betont, dass Jesus gekommen ist, um Leben im Überfluss zu bringen und wir gut beraten sind, uns an Jesus und seine Worte zu halten. «Doch wir vertrödeln so viel Lebenszeit.» Heikos Experiment führte sogar dazu, eine stabile Anstellung zu kündigen, weil er sich sagte, dass er den Job nicht bis 2016 machen wollte, da er ihn krank machte. «Es ist möglich, auszubrechen!» hält er fest.
«Überlege, dass du sterben musst und lebe klug!»
Heiko nahm das Thema auch im Religionsunterricht mit Achtklässlern und in einer Gymnasialklasse durch. Das Thema sprach an, sie alle hatten sich ja schon Gedanken übers Sterben gemacht. «Es lockte so viele hinter dem Ofen hervor», sagt Heiko über das Thema, welches Jung und Alt beschäftigt. Letztlich sei es aber nicht seine Idee, übers Sterben nachzudenken. Vielmehr sei es die Bibel, genau genommen Psalm 90, welcher uns zumutet, über die Endlichkeit des Lebens nachzudenken. «Überlege, dass du sterben musst», fasst Heiko zusammen. «Und lebe jetzt einfach klug.»
Wenn sogar die Steuererklärung Spass macht
Das «Deadline-Experiment» krempelte Heikos Leben um. «Heute mache ich nur noch das, was ich kann. Und ich mache nur noch das, was ich will.» Es wurde ihm klar, dass er nicht alles können muss; stattdessen sagt er: «Geniesse, was du bekommen hast und vergeude deine Zeit nicht mit dem, was du nicht kannst.»
Zum Vorsatz «ich mache nur noch das, was ich will» ergänzt Heiko, dass er einerseits möglichst keine Zeit mit Dingen verschwenden will, die ihm keine Freude bereiten, er andererseits aber auch Wege suche, um Dinge zu geniessen, die er von Natur aus nicht mag. So mache ihm inzwischen sogar das Ausfüllen der Steuererklärung Spass.
Viele Reaktionen auf eine Radiosendung
«Es war für mich ein grosser Gewinn», blickt Heiko auf das «Deadline-Experiment» zurück. Und das Interesse, welches er damit in der Öffentlichkeit weckte, begeistert ihn. «Die SWR3-Morningshow hat mich eingeladen, eine Stunde lang über dieses Thema zu reden. Die grösste Radioshow in Deutschland. Und da kamen ungefähr 500 Rückmeldungen.» Ein Teil der Rückmeldungen war negativ – teilweise aggressiv. Doch Heiko freut sich darüber, dass viele Menschen bei einem solchen Thema zugehört haben.
Sehen Sie sich hier den Talk mit Heiko Bräuning an:
Zum Thema:
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Datum: 12.11.2024
Autor:
Markus Richner-Mai
Quelle:
Livenet