Diskussion in Schottland

Was genau ist eigentlich «Hassrede»?

Der Entwurf für ein neues Gesetz gegen «Hassrede» wird in Schottland im Moment gründlich diskutiert, nachdem über 2'000 Einsprachen dagegen eingegangen waren. Wie werden Meinungs- und Religionsfreiheit geschützt?
Edinburgh, Schottland (Bild: Unsplash)

Im letzten April hatte der schottische Justizminister Humza Yousaf angekündigt, dass ein neuer Gesetzentwurf zum Thema «Hassrede» (Hate Crime and Public Order Bill) im Parlament diskutiert werde. Das bisherige Gesetz verbietet es nur, Hass aufzustacheln aufgrund der Rasse. Der neue Entwurf will dieses Verbot auf «Alter, Behinderung, Religion, sexuelle Orientierung und Trans-Identität» ausdehnen. Menschen sollten juristisch verfolgt werden können, selbst wenn sie nicht beabsichtigten, Hass anzustacheln. Bereits der Besitz von «aufwieglerischem Material» könne strafbar sein. Im Unterschied zu England und Wales war auch kein Hinweis auf die Redefreiheit im Entwurf enthalten.

Lebhafter Widerspruch

Im August kritisierten 24 Schauspieler und Schriftsteller (darunter auch Rowan Atkinson alias «Mr. Bean») dieses neue Gesetz in einem Offenen Brief. Sie schrieben, dass die «unbeabsichtigten Folgen dieses sicher wohlmeinenden Entwurfs dazu führten, dass die Meinungsfreiheit und die Fähigkeit, religiöse und andere Überzeugungen auszusprechen oder zu kritisieren, unterdrückt würde». So könnte die Autorin JK Rowling für ihre kritischen Bemerkungen zu «Trans-Frauen» zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt werden. Oder Komiker dürften keine Witze mehr machen im Stil von «Ein Schotte, ein Engländer und ein Ire kommen in eine Bar ….»

Der Entwurf wurde daraufhin korrigiert, dass nur «Menschen, die Hass erzeugen wollen», juristisch verfolgt werden sollten. Das war aber vielen zu vage und zu sehr offen für Interpretation: 2'000 Anträge von religiösen Gruppen, Anwälten, Künstlern, Journalisten und der Polizeivereinigung gingen ein, die eine Konkretisierung forderten. In der letzten Sitzung des verantwortlichen Komitees wurde nun eine Sektion gestrichen, die sich auf öffentliche Veranstaltungen bezog; gleichzeitig wurde ein Absatz eingefügt, der die Religionsfreiheit explizit schützt.

Gegen rasche Kriminalisierung

«Der blosse Ausdruck von Antipathie, Abneigung, Lächerlichmachen und Beleidigung sind in sich selbst noch kein kriminelles Verhalten», erklärte Yousaf gegenüber Parlamentariern. «Ich bin dabei, mit dem Parlament ein griffiges Anti-Hass-Gesetz zu erarbeiten und gleichzeitig die Meinungsfreiheit zu schützen.»

Die Gegner des Entwurfs verlangten weitere Anpassungen und erklärten, dass «die Regierung noch grosse Schritte tun» müsse, bevor der Entwurf zum Gesetz wird.

Ev. Allianz: «Inkompatibel mit zentralen Menschenrechtsprinzipien»

Kieran Turner, Sprecher der britischen Evangelischen Allianz (EAUK) nahm am virtuellen Beratungstreffen über den Gesetzesentwurf teil. «Dieser Entwurf war inkompatibel mit Schlüsselprinzipien der Menschenrechte; er konnte dazu führen, dass Menschen für Vergehen angeklagt wurden, von denen sie nicht einmal wussten, dass sie sie begangen haben. Das war immer unser Haupteinwand, dass Menschen hier unbeabsichtigt schuldig werden», erklärte er. Die jetzt erfolgten Änderungen wurden von der EAUK begrüsst, aber sie seien noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Er verlangte weitere Klarheit, «was das Gesetz bestrafen will und was nicht».

«Dämpfer» für Meinungsfreiheit

Nach Ansicht des stellvertretenden Direktors des «Christian Institute», Ciarán Kelly, hat der Gesetzesentwurf einen verschärften «Dämpfereffekt» auf die freie Meinungsäusserung, selbst wenn es keine Anklage, geschweige denn eine Verurteilung gebe. «Wird es als beleidigend und hasserfüllt verstanden, wenn man die Lehren der Bibel über Ehe, Geschlecht oder Sexualethik zitiert? Einige Gruppen würden Ja sagen. Es gibt ein echtes Risiko, dass Aktivisten böswillig Anklage erheben, weil sie wollen, dass Christen aufhören, ihre Überzeugungen auszudrücken.»

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Datum: 01.12.2020
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Evangelical Focus / BBC News

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