«Wir haben nicht mit einem so grossen Echo gerechnet»
Livenet: Thomas Hanimann, sind Sie überrascht, dass die SEA-Kampagne bisher so breite Beachtung fand?
Ja, wir haben nicht damit gerechnet, dass so viele Ehepaare mitmachen würden. In den 14 Tagen seit unserem Aufruf haben schon über 50 Paare aus der Deutschschweiz und der Westschweiz mitgemacht. Ich denke, es ist gelungen, einen Gegenakzent zu setzen. Bei unserer Kampagne steht ganz klar die eheliche Gemeinschaft als gute Grundlage für ein gesundes Sexualleben im Zentrum. Es überrascht uns, dass sich auch die Medien so auf unsere «Verheirateten»-Kampagne gestürzt haben. Zeitungen wie «20 Minuten», das Westschweizer Fernsehen «RTS» sowie das Tessiner Fernsehen «RSI» berichteten ausführlich darüber.
Verhelfen Sie damit nicht auch der «Love Life»-Kampagne mit den kritisierten Sexbildern zu zusätzlicher Aufmerksamkeit?
Doch, wir helfen einander wohl gegenseitig zu mehr Aufmerksamkeit. Wir bringen die BAG-Kampagne ins Gespräch, können aber auf der anderen Seite einem breiten Publikum unsere Positionen darlegen. Die Verheiratet-Kampagne verkörpert einen unserer Werte. Ehe und Familie in einem traditionellen Sinn sehen wir als gute Grundlage für die Gesellschaft an. Ein grosser Teil der Menschen, die hier leben, hält diesen Wert auch immer noch hoch. Dies zeigen die Reaktionen auf die «Love Life»-Kampagne deutlich. Werte wie Treue wollen wir nicht einfach preisgeben. Dieser Wert ist übrigens nicht nur biblisch begründet; auch im Schweizer Zivilgesetzbuch ZGB ist die Ehe als ein Bund, der eine gegenseitige, langfristige Verpflichtung einschliesst, sehr zentral.
Bisher konnten Sie das Bundesamt für Gesundheit trotz Petition und erfolgreicher Kampagne nicht dazu bewegen, ihre Zurschaustellung sexueller Akte zu beenden. Glauben Sie, dass sich noch etwas bewegen wird?
Wohl kaum. Auf unsere Online-Petition haben die Macher der «Love Life»-Kampagne unbeeindruckt reagiert. Sie haben nur betont, dass die gefährdeten Zielgruppen nur auf diese Weise zu erreichen seien und wie wichtig dies für die HIV-Prävention sei.
Wir haben dem BAG konkret vorgeschlagen, uns als Ergänzung zur laufenden Kampagne einen Beitrag zu gewähren, um Plakate mit den Bildern von Ehepaaren und dem Slogan «Treue schützt vor Reue» auszuhängen. Die Antwort darauf steht noch aus.
Wenn sich kurzfristig nichts bewirken lässt, könnte der Protest vielleicht immerhin bei künftigen Kampagnen zu einem Umdenken führen…
Ja, das hoffen wir! Es kann schon sein, dass bei einer nächsten Kampagne diese Bedenken mehr einbezogen werden. Wir finden HIV-Präventionskampagnen ja grundsätzlich auch wichtig. Und für uns ist auch nachvollziehbar, dass man auch jene Kreise erreichen will, die das Sexualleben freier gestalten wollen. Aber bei der aktuellen Kampagne, in der das BAG den sexuellen Akt in allen Varianten präsentiert, kann ich die Präventionswirkung nicht nachvollziehen. Und was mich am meisten stört, ist, dass das Bundesamt mit den sexualisierten Bildern ein Präjudiz schafft. Die Lauterkeitskommission wird sich in Zukunft darauf beziehen. Plötzlich ist im öffentlichen Raum alles erlaubt und salonfähig.
Datum: 13.08.2014
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet