Wer säuft soll zahlen, oder doch nicht?
Um den Entschluss der nationalrätlichen Gesundheitskommission ist eine interessante Debatte entbrannt. Insbesondere die Stiftung «Sucht Schweiz» hat sich schon im Vorfeld der Beratungen in der Kommission entschieden gegen die Kostenübernahme eingesetzt.
Sucht Schweiz befürchtet «nicht absehbare gesundheitspolitische Folgen». Sie fragt: Soll das aktuelle Solidaritätsprinzip und das Grundrecht auf medizinische Versorgung aufgegeben werden? Würde ein Beschluss, der jugendliche Trinker finanziell zur Verantwortung zieht, nicht den Anfang eines Trends einleiten, der immer mehr Menschen mit Gesundheitsproblemen zur finanziellen Mitverantwortung verpflichtet? Zum Beispiel auch Leute, die zuwenig Sport treiben und Gewichts- und Kreislaufprobleme haben?
Sucht Schweiz weist darauf hin, dass heute über 90 Prozent der Patienten, die wegen Alkoholvergiftung ins Spital kommen, über 23 Jahre alt sind. Oder: Die Hälfte der behandelten Trinker zwischen 45 und 74 Jahren sind alkoholabhängig. Sollen sie alle in Zukunft selber zahlen – oder nur die Jungen?
Die Stiftung gibt zu Recht den Politikern zu bedenken, dass sie jetzt zwar einen populären Entscheid treffen können, sich damit aber aus der Verantwortung stehlen, wenn sie alle Vorschläge ablehnen, welche den Zugang zum Alkohol erschweren – wie das der Nationalrat in der letzten Session getan hat. Das Parlament kommt um Preiserhöhungen und Einschränkungen beim Verkauf nicht herum, wenn es hier glaubwürdig sein will. Eine ethisch verantwortungsvolle Politik muss auch dort handeln, wo mächtige wirtschaftliche Interessen tangiert werden, wenn es um das Wohl der jungen Generation geht.
Datum: 30.10.2013
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet