Lebensfreude zurückgewinnen

«Glaube gegen Burnout einsetzen»

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, sieht im Glauben ein Hilfsmittel gegen Burnout und Erschöpfung. Bei ihm wachse das Gefühl, «dass es so nicht weiter geht und dass etwas grundlegend im System nicht mehr stimmt».
Arbeiten, bis nichts mehr geht – Millionen Menschen sind vom Burn-out bedroht.

«In einer nicht nur medial beschleunigten und hoch getakteten Zeit gerät der Mensch immer öfter an die Grenzen seiner persönlichen Leistungsfähigkeit und allzu oft auch darüber hinaus», sagte der rheinische Präses bei einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Missionswissenschaft in Leipzig.

«Antwort aus dem Glauben»

Die Gründe für die Verunsicherung seien vielfältig, erklärte Schneider. Zum einen gebe es einen Verlust an Grundvertrauen. «Ob im ökologischen oder ökonomischen Bereich, ob demografisch, sozial oder politisch wächst das Gefühl, dass es so nicht weiter geht, das etwas grundlegend im System nicht stimmt.» Auch die Lebensfreude nehme weiter ab. Zugleich liege ein «Erwartungsdruck des Glückserlebens» auf dem Einzelnen wie auf der Gesellschaft.

«In dieser kulturellen Herausforderung sehe ich eine der zentralen missionarischen Aufgaben für unsere Gesellschaft», erklärte der Theologe. Es brauche eine Antwort des Glaubens. Dabei denke Schneider daran, wie man mit dem Glauben auf Ängste eingehen könne.

Nicht Nein sagen können

Es trifft vor allem die Engagierten und Einsatzbereiten, Menschen mit Idealismus und hohen Ansprüchen, aber auch die Hilfsbereiten, die nicht Nein sagen und diejenigen, die versuchen, es allen recht zu machen. Sie alle setzen sich ein und arbeiten gerne. Oft ist der Druck am Arbeitsplatz immens, Zeitdruck und Stress, aber auch die Vermischung zwischen Arbeit und Privatleben. Ausbrennen könne nur, wer vorher gebrannt habe, sagt Martin Grabe, Chefarzt der Abteilung Psychotherapie in der Klinik «Hohe Mark».

Negativ-Spirale stoppen

Im fortschreitenden Burnout-Prozess verlieren Menschen ihre Leistungsfähigkeit und entwickeln vielfältige Störungen. Körperliche Symptome sind Schlafstörungen, daraus resultierende ständige Müdigkeit und Erschöpfung, aber auch Magen-, Kopf- oder Rückenschmerzen, Herzbeschwerden, Schwindelattacken und Konzentrationsstörungen können ein Burnout begleiten. «Der chronische Stress beeinträchtigt auch das Immunsystem – das führt zu häufigeren Infekten», erklärt Chefarzt Grabe.

Ausgebrannter Pfarrer

«Je erschöpfter ich war, desto mehr grübelte ich darüber nach, wie ich alles schaffen könnte», beschreibt ein Pastor sein Burnout-Syndrom. Zwei Jahre lang hatte er die Gemeindegründung verantwortet, investierte alle Kraft und Zeit – dann konnte er nicht mehr. Der Schlafmangel führte zu immer grösserer Erschöpfung. Eine Negativ-Spirale hatte begonnen, aus der er nicht mehr herausfand. «Dass Menschen sich immer stärker anstrengen, obwohl sie erschöpft sind, ist typisch für die Anfangsphase eines Burnouts», erklärt Martin Grabe.

Chef muss vorleben

«Vorgesetzte haben Vorbildfunktion. Wer dauerhaft Höchstleistungen einfordert, sollte auf die Regeneration seiner Mitarbeiter achten. Führungskräfte müssen vorleben, dass Urlaub tatsächlich Urlaub ist und Feierabend Feierabend», sagte der Leiter der Personalentwicklung der Bayerischen Landesbank, Andreas Blank.

Bücher zum Thema:
Samuel Pfeifer: Stress und Burnout verstehen und bewältigen
Martin Grabe: Zeitkrankheit Burnout
Willberg/Hüttel: Ausgebrannt – Burnout erkennen und überwinden

Datum: 10.10.2011

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