Wie man die Bibel studiert
D.h. lege nichts in die Bibel hinein, wovon du gerne hättest, dass die Bibel es sagt, sondern lass sie das sagen, was Gott beabsichtigte, als er sie schrieb.
2. Vermeide oberflächliche Auslegung. Wir alle haben Leute schon mal sagen gehört: »Für mich bedeutet diese Schriftstelle …« oder »Ich meine, das bedeutet …« Der erste Schritt zum Auslegen der Bibel ist, die vier Klüfte anzuerkennen, die wir überbrücken müssen: Sprache, Kultur, Geografie und Geschichte. Diese Klüfte verneinen nicht die biblische Wahrheit. Es ist einfach sehr hilfreich für das allgemeine Verständnis der Botschaft, wenn wir uns bewusst sind, welche Umstände zur Zeit der Abfassung herrschten.
3. Vergeistliche den Abschnitt nicht. Deute und verstehe den Abschnitt in seinem normalen, buchstäblichen, historischen, grammatischen Sinn, genau wie du ein anderes Stück Literatur verstehen würden, das du heute liest. Beim Auslegen der Bibel sollten wir uns von vier Prinzipien leiten lassen: dem wörtlichen, historischen, grammatischen und synthetischen Prinzip.
- Das wörtliche Prinzip. Die Bibel sollte in ihrem wörtlichen, normalen und natürlichen Sinne verstanden werden. Die Bibel enthält zwar sprachliche Bilder und Symbole, doch sind diese dazu gedacht, die wörtliche Wahrheit zu vermitteln. Im Allgemeinen jedoch spricht die Bibel wörtlich, und wir müssen sie für sich selbst reden lassen.
- Das historische Prinzip. Das bedeutet, dass wir sie in ihrem historischen Kontext auslegen. Wir müssen uns fragen, was der Text für die Menschen bedeutet, an die er zuerst geschrieben wurde. Auf diese Weise können wir uns ein richtiges kontextuelles Verständnis der ursprünglichen Aussageabsicht des Bibeltextes erarbeiten.
- Das grammatische Prinzip. Dieses Prinzip erfordert, dass wir die grundlegende grammatische Struktur jedes einzelnen Satzes im Grundtext verstehen. Auf wen beziehen sich die Pronomen? Welche Zeitform hat das Hauptverb? Dabei wirst du feststellen: Wenn du einige einfache Fragen wie diese stellst, wird die Bedeutung des Textes sofort klarer.
- Das synthetische Prinzip. Dieses Prinzip ist das, was die Reformatoren die analogia scriptura (Analogie der Schrift) nannten. Es bedeutet, dass die Bibel sich nicht selber widerspricht. Wenn wir zu einer Auslegung einer Schriftstelle gelangen, die einer Wahrheit widerspricht, die an anderer Stelle der Schrift gelehrt wird, muss unsere Auslegung falsch sein. Schrift muss mit Schrift verglichen werden, um ihre volle Bedeutung zu entdecken.
Schritt 3 – Auswerten
Manchmal kann es hilfreich sein, den Rat Dritter zu suchen, um uns zu versichern, dass wir die Bibel auch wirklich korrekt ausgelegt haben. Lies Einführungen in die Bibel, Kommentare und Bücher über biblischen Hintergrund, die dein Denken mit Einsicht bereichern. Sei bei deiner Auswertung ein wahrhaftiger Bibelforscher. Sei jemand, der die Wahrheit des Wortes Gottes annimmt, auch wenn er dabei seine bisherigen Ansichten oder sein praktisches Leben ändern muss.
Schritt 4 – Anwenden
Die Bibel zu studieren, ohne zuzulassen, dass sie die Tiefen unserer Seele durchdringt, wäre wie das Zubereiten eines Festmahls, ohne es zu essen. Das Fazit, das du am Schluss daraus ziehen solltest, ist die Frage: »Wie kann ich die geistlichen Wahrheiten und Prinzipien dieser Schriftstelle auf mich, mein Verhalten und mein Handeln anwenden?« Jesus gab denen eine Verheissung, die ihr persönliches Bibelstudium bis an diesen Punkt durchziehen: »Wenn ihr dies wisst, glückselig seid ihr, wenn ihr es tut« (Joh 13,17).
Wenn du die Bibel gelesen und ausgelegt hast, solltest du ein grundlegendes Verständnis davon haben, was die Bibel sagt und was sie damit meint. Aber an dieser Stelle ist das Bibelstudium nicht zu Ende. Das letztendliche Ziel sollte sein, die Bibel zu sich reden zu lassen und uns zum geistlichen Wachstum zu befähigen. Das erfordert persönliche Anwendung. Unser Bibelstudium ist nicht abgeschlossen, solange wir uns nicht fragen: »Was bedeutet das für mein Leben und wie kann ich es praktisch anwenden?« Wir müssen aus der Erkenntnis, die wir aus unserem Bibelstudium gewonnen haben, die praktischen Prinzipien herausziehen, die für unser persönliches Leben gelten. Wenn es ein Gebot zu befolgen gibt, gehorchen wir ihm. Wenn es eine Verheissung anzunehmen gilt, nehmen wir sie in Anspruch. Wenn eine Warnung zu beherzigen ist, achten wir darauf. Das ist der wichtigste Schritt: Wir unterwerfen uns der Bibel und lassen unser Leben von ihr umgestalten. Wenn du diesen Schritt überspringst, wirst du niemals Freude an deinem Bibelstudium haben und die Bibel wird nie dein Leben verändern.
Schritt 5 – In den Gesamtzusammenhang einbinden
Dieser letzte Schritt verbindet die gelernte Wahrheit eines bestimmten Abschnittes oder Bibelbuches mit geistlichen Wahrheiten und Prinzipien, die an anderer Stelle der Bibel gelehrt werden, um eine grosse Gesamtschau zu erhalten. Bedenke stets, dass die Bibel ein Buch mit 66 Teilen ist und eine Anzahl von Wahrheiten und Prinzipien enthält, die immer wieder in verschiedener Weise und in unterschiedlichen Umständen gelehrt werden. Wenn du einzelne Stellen in Beziehung zueinander setzt und miteinander vergleichst, wirst du eine gesunde Lehrgrundlage aufbauen.
Und nun?
Es reicht nicht aus, die Bibel nur zu studieren. Wir müssen darüber nachsinnen und in das reinigende Wasserbad des Wortes Gottes eintauchen. »Lass dieses Buch des Gesetzes nicht von deinem Mund weichen, sondern forsche darin Tag und Nacht, damit du darauf achtest, alles zu befolgen, was darin geschrieben steht; denn dann wirst du Gelingen haben auf deinen Wegen, und dann wirst du weise handeln« (Jos 1,8).
Fortsetzung: Chronologie der Bibel
Datum: 30.06.2007
Autor: John MacArthur
Quelle: Basisinformationen zur Bibel