Die Wahrheit hinter den Kulissen

Warum eine Re­crui­te­rin das Geschäft von «OnlyFans» aufgab

Victoria Sinis
Victoria Sinis war eine erfolgreiche Re­crui­te­rin für «OnlyFans», doch der zunehmende Druck, extreme Wünsche von Abonnenten zu erfüllen, brachte sie an ihre Grenzen. Ekel und innere Überzeugung führten sie schliesslich in eine ganz andere Richtung…

Als Marketing-Expertin aus Melbourne schien das Angebot für Victoria Sinis verlockend: Im August 2022 bat sie ein Freund, ihm beim Aufbau einer «OnlyFans»-Agentur zu helfen. Ohne Vorkenntnisse über die Plattform begann sie, Frauen zu werben, die sich dort ein Einkommen sichern wollten.

«Ich wusste nicht, was ‘OnlyFans’ eigentlich ist», sagt Sinis heute. Viele ihrer Kolleginnen und auch sie selbst dachten, man könne dort auch «harmlose» Inhalte wie Bilder von Füssen verkaufen und trotzdem gutes Geld verdienen.

Doch Sinis lernte schnell, dass sich hinter dem vermeintlich selbstbestimmten Geschäftsmodell ein System verbarg, das Frauen in immer extremere und oft verstörende Situationen drängte. Bald war klar: Wer Erfolg haben wollte, musste mehr als nur harmlose Inhalte teilen.

Vom Bikini- zum Nacktfoto

In der von Victoria Sinis geleiteten Agentur wurde ein System von «Stufen» eingeführt, um die Einnahmen der Mädchen zu maximieren. Es begann mit unschuldigen Bikini-Fotos, aber der Druck der Abonnenten wuchs. «Die Mädchen merkten bald, dass sie mit Bikini-Fotos nicht genug verdienten. Die Abonnenten verlangten immer mehr – oft weit über ihre eigenen Grenzen hinaus», erinnert sich Sinis.

Das Prinzip der Agentur war es, die Frauen systematisch dazu zu bringen, mehr Haut zu zeigen. Von «angedeuteter Nacktheit» zu «totaler Nacktheit» – jede Stufe war nur ein Schritt auf dem Weg zu immer expliziteren Inhalten. «Das hat mich wirklich gestört», gibt Sinis zu. Vor allem die sogenannten «Custom Requests», also die individuellen Wünsche der Abonnenten, machten ihr zu schaffen. Manche verlangten nach ganz bestimmten Kleidungsstücken, andere sogar nach angedeuteter Gewalt. «Solche Fantasien nährten meine Befürchtung, dass einfache Videos nicht mehr ausreichen würden. Irgendwann könnten die Leute nach echter Gewalt verlangen», sagt Sinis.

Suche nach einem Ausweg

Victoria Sinis begann, ihre Arbeit zu hinterfragen. Sie versuchte, das Gute mit dem Schlechten auszubalancieren, indem sie sich ehrenamtlich in Flüchtlingsprogrammen engagierte, doch die ständige Konfrontation mit den Abgründen der Pornoplattform hinterliess Spuren. «Irgendwann konnte ich meinen Laptop nicht mehr öffnen», gesteht sie.

Ihr innerer Konflikt wurde immer grösser, bis sie sich schliesslich an ihre Kindheit erinnerte, in der sie sporadisch eine Kirche besucht hatte. Eine zufällige Einladung zu einem Gottesdienst in ihrer alten Gemeinde war der Beginn ihrer geistlichen Wende.

Echten Halt gefunden

In der Kirche sprach Melinda Tankard Reist, eine bekannte australische Aktivistin gegen sexuelle Ausbeutung, über die Gefahren von Plattformen wie «OnlyFans». Für Sinis war dies ein Schlüsselerlebnis. Nach dem Gottesdienst wandte sie sich verzweifelt an Reist: «Ich arbeite für ‘OnlyFans’ und hasse mich selbst.»

Das Gespräch und die Erkenntnis, dass «OnlyFans» keinen «sicheren Raum» für Pornografie bietet, gaben Sinis den Mut, ihre Arbeit zu kündigen – nur wenige Tage nach dieser Begegnung.

Ein neues Leben für eine neue Aufgabe

Heute hat Victoria Sinis ihr Leben völlig verändert. Sie engagiert sich in der Aufklärung über die Gefahren von «OnlyFans» und der Sexualisierung junger Frauen. Mit ihrer Organisation «Creating Gems» klärt sie Mädchen darüber auf, dass ihr Wert weit über das hinausgeht, was sie in sozialen Medien oder auf Plattformen wie «OnlyFans» zur Schau stellen.

«Alles, was ich tue, ist für Jesus», sagt Sinis heute. Ihre Arbeit mag anstrengend sein, aber sie empfindet Demut und Sinn in ihrer neuen Aufgabe. Ihr Ziel ist es, junge Frauen vom gesellschaftlichen Druck, sich als Ware zu verkaufen, zu befreien und ihnen zu zeigen, dass ihr Wert weit über ihr Äusseres hinausgeht.

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Datum: 18.09.2024
Autor: Samantha Kamman / Daniel Gerber
Quelle: Christian Post / gekürzte Übersetzung: Jesus.ch

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