Esther Maria Magnis

Gott im Leid kennenlernen

Esther Maria Magnis beschäftigte sich mit schwierigen Glaubensfragen.
Esther Maria Magnis schildert in «Gott braucht dich nicht» ihren Weg vom Glaubensverlust zur Bekehrung nach dem Tod ihres Vaters und Bruders. Ihr Buch ist eine kraftvolle Religionskritik und erzählt ihren ungewöhnlichen Weg zu Gott.

Esther Maria Magnis, 44, rechnet schonungslos ab mit verschlissenen kirchlichen Sprachbildern, Formen und Themen, mit dem inkonsequenten Philosophieren der Elterngeneration. Aber auch mit dem unaufgeklärt blinden Glauben an die Wissenschaft. Autobiografisch literarisch beschreibt sie eine langsame und teilweise sehr schmerzhafte Entwicklung vom Kinderglauben über die erste Kritik an der eigenen kirchlichen Sozialisation bis hin zu einem erwachsenen Glauben. Das Hinterfragen hört für sie nie auf: «Ich glaube, wir vermissen Gott. Ich würde das niemals jemandem einreden oder mich damit über Atheisten erheben wollen. Ich weiss, dass es gute Gründe gibt, nicht zu glauben. Aber manchmal denke ich, die meisten Menschen sind einfach nur traurig, dass er nicht da ist.»

Unsichtbarer Gott lässt Leiden zu

Esther Maria Magnis weiss: An Gott zu glauben ist alles andere als einfach. Weil er zulässt, dass Menschen leiden. Weil er unsichtbar ist. Und schweigt. Aber sie weiss auch, dass es im Leben nichts Grösseres gibt: «Seit Nietzsche kenne ich niemanden, der so erschütternd zeigt, welche Katastrophe es bedeutet, nicht an Gott zu glauben», erklärte der bekannte deutsche Philosoph Robert Spaemann. Der römisch-katholische Theologe, Buchautor und Gründer des Gebetshauses Augsburg, Johannes Hartl, ergänzt: «Sprachgewalt, wie man sie in wirklich grosser Literatur findet und eine Wucht des persönlichen Empfindens, die niemanden kalt lassen kann. Für mich eines der besten Bücher zum Thema Tod, Leiden und Glauben im Dunkeln.» Die «Tagespost» bezeichnete es als «Meisterwerk». Das Magazin «Cicero» schrieb: «Das Buch wühlt auf zum Innehalten. Einfach mal nichts sagen oder erst sehr viel später, wenn die Gedanken sich wieder gesammelt haben und Sprache oder Bilder die angemessene Form finden.» Pfarrer Ruedi Heinzer schrieb: «Ich glaube, noch nie hat ein Buch mich derart tief berührt und ergriffen, mein Denken geklärt und meinen Glauben gestärkt. Danke, Gott sei Dank!» Der «Spiegel» druckte eine Leseprobe aus dem Buch ab. 

Der Weg zurück

Esther Maria Magnis hat Vergleichende Religionswissenschaft und Geschichte studiert. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Als Katholikin geht sie sonntags in die Messe. Ihr Alltag ist durchdrungen vom Kirchenjahr. Wie erklärt sie sich, dass das Buch zum Besteller wurde? «Ich glaube, viele Menschen stossen sich auf ähnliche Weise an Gott wie ich es in dem Buch nach dem Tod meines Vaters beschreibe. Sie nehmen Anstoss an seinem Schweigen, vermissen ihn.» 

Der Weg zurück zum Glauben war lang: «Es war eine Entscheidung und Erkenntnis. Auch heute habe ich noch Phasen, in denen ich nicht glauben kann, in denen ich der Leere von damals nahekomme. Aber ich entschliesse mich jedes Mal neu, dahinter nicht wieder zurückzugehen. Ich weiss, was ‘dahinter’ ist – nämlich nichts, Dunkelheit. Ich weiss, dass ich durch meine Erfahrungen den Abgrund nur erahne, den es für andere Menschen im Leben gibt. Das ist vielleicht das Erschreckendste am eigenen Leid.»

«Gott braucht dich nicht» 

Der Buchtitel «Gott braucht dich nicht» meint nicht, dass Gott den Menschen nicht gebrauchen will. Sondern er spricht gegen die Haltung, dass Gott ohne Menschen nichts tun kann – also ohnmächtig ist. Esther Maria Magnis: «Das glaube ich nicht. Gott ist allmächtig. Wie und wann er uns gebraucht, ist eine Frage seines Willens und nicht seiner Schwäche.» Zum Thema Zweifeln sagt sie: «Es gibt vielleicht einen Unterschied, ob man die Zweifel einfach so in den Raum wirft. Oder ob man es schafft, diese in einem Gebet Gott zu sagen. Wenn ich vor ihm stehe oder knie, dann sind meine Zweifel mit dabei und dann muss ich sie auch aussprechen. Ich sage Gott, wenn mein Glauben gerade schrumpft, oder dass ich gerade keinen Glauben habe und bitte ihn dann, dass er mir Glauben schenkt. Wenn ich gar keine Worte mehr habe, spreche ich die Psalmen.»

Dieser Artikel erschien bei Dienstagsmail.

Zum Buch:
Gott braucht dich nicht

Zum Thema:
Dossier: Gott, wo bist du?
Was ist Hoffnung?: Der Tod hat nicht das letzte Wort
Die Warum-Frage: Gott und das Leiden auf der Welt

Datum: 10.07.2024
Autor: Markus Baumgartner
Quelle: Dienstagsmail

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