Vom Massenmörder zum Christen
«General Butt Naked» («General splitternackt») wurde er genannt, weil er mit nichts als einer AK-47 und einem Paar Lederschuhen kämpfte. Er glaubte, dass übernatürliche Kräfte ihn unverwundbar machten für Kugeln. Er und seine Armee von Kindersoldaten haben im furchtbaren Bürgerkrieg Tausende von Menschen umgebracht, zum Teil auf unvorstellbar brutale Art bis hin zum Kannibalismus. In jenem Krieg, zwischen 1989 und 2003, starben rund 250'000 Menschen. Eine Million Menschen verliessen ihre Heimat, bis zu 20'000 Kinder wurden als Soldaten rekrutiert.
Blahyi stand im Ruf, schlimmer zu sein als alle anderen Milizenführer. Wenn er und seine Kindersoldaten nackt in den Kampf zogen, wollten sie damit «ihren Feinden zeigen, dass sie Tiere waren, keine Guerillas», wie Blahyi später einer Journalistin erzählte. Oft opferten sie Babys, weil ihr Tod besonderen Schutz versprach.
Wie ein helles Licht
Dann geschahen Dinge, die sein Leben radikal veränderten. Ein dreijähriges Mädchen wurde ihm als Menschenopfer gebracht. Blahyi erinnert sich: «Direkt nachdem ich sie getötet hatte, hatte ich eine Erscheinung. Ich sah ein weisses Licht in der Gestalt eines Mannes. Eine Stimme sagte mir: 'Tue Busse und lebe. Oder mach weiter und sterbe'.»
Kurz darauf bekommt er Besuch von Bischof John Kun Kun von der Soul Winning Church. Zusammen mit anderen Kirchenführern hat er beschlossen, den Warlords von Jesus zu erzählen, um dem Krieg vielleicht so ein Ende zu machen. «Ich wollte dir nur sagen, dass Jesus dich liebt und dass er einen besseren Plan für dein Leben hat», sagt ihm Kun Kun und lädt ihn ein, ein Gebet zu sprechen. Blahyi spricht es ihm nach – dann geht er zu seinem Bodyguard und schiesst ihm in beide Knie, weil er den Bischof eingelassen hatte.
Kun Kun kommt wieder, und in weiteren Gesprächen findet General Butt Naked den Vers aus Johannes 3,16: «Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzig geborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.» Und weiter: «Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet». Der General entscheidet sich, diesem Jesus zu glauben, legt abrupt alle Waffen nieder und lässt sich taufen.
Vergebung
Blahyi beginnt, anderen von seiner Veränderung zu erzählen. Viele glauben ihm, andere sehen es als Trick. Aber Blahyi bleibt fest. Er beginnt, zu predigen und öffentlich von seinem Glauben und seiner Wandlung zu reden.
Ein paar Jahre lang muss er aus dem Land fliehen, dann kehrt er zurück und tritt bereitwillig vor die Menschenrechtskommission, die die Gräuel des Bürgerkriegs untersucht. Er gibt zu, mit seiner Armee mindestens 20'000 Menschen umgebracht zu haben. Aber er ist bereit, zu tun, was er kann, um etwas davon wieder gutzumachen. «Wenn ein Gericht mich verurteilen würde – selbst zum Tode – würde ich mich willentlich ausliefern und die Strafe tragen», sagt er.
Blahiy baut ein Rehabilitations-Camp für ehemalige Kindersoldaten auf, in dem er nun für über 50 junge Männer wie ein Vater ist. Er heiratet und hat heute drei eigene Kinder.
Vor allem aber besucht er die Familien seiner Opfer, um sie um Vergebung zu bitten. Das ist ihm wichtig: «Ich weiss, dass Gott mir vergeben hat. Aber Vergebung auf der Erde ist eine andere Sache. Die muss auch geschehen.» Und weiter: «Früher war ich völlig gefühllos, heute fühle ich die Schmerzen meiner Opfer mit. Das sind die schwersten Augenblicke meines Lebens.» Auf die Frage eines Journalisten, wovor er am meisten Angst habe, sagt er: «Dass ich morgen den Herrn treffe und er mir sagt: Du hast die Chance vergeudet, die ich dir gegeben habe.»
Wie viel Veränderung ist möglich?
Ein Team von Filmemachern hat Blahiy 5 Jahre lang begleitet und seine dramatische Wandlung vom General Butt Naked zum Evangelisten und Pastor in einem Film dokumentiert. «The Redemption of General Butt Naked» wirft die tiefe Frage auf, wie sehr sich ein Mensch verändern kann – und was Busse und Vergebung wirklich bewirken. Wie kann ein Mensch vom Massenmörder zum Prediger werden? Ist das Ganze nur ein Trick – oder steckt eine Kraft dahinter, die das Böse in einem Menschen wirklich verwandeln und damit auch eine Antwort für ein tief zerrissenes Land geben kann?
Blahyi ist fest geblieben. Seine Überzeugung ist: «Ich glaube, dass Gott mich als ein Zeichen benutzen will. Egal, wie weit ein Mensch geht – durch Gott gibt es die Möglichkeit, anders zu werden.»
Datum: 17.01.2014
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Jesus.ch / Spiegel.de