Wie ein Wissenschaftler mit der Bibel lebt
Livenet: Felix Ruther, Sie
blicken in einen wunderbaren Sternenhimmel. Stimmt Sie das versöhnlich?
Einmal, während meiner Studienzeit, lag ich nachts an einem
Strand – unter mir der Sand mit seinen Atomen und subatomaren Teilchen. Über
mir die Milchstrasse mit ihren riesigen Dimensionen. In mir stieg damals nicht
ein Gefühl der Versöhnung mit der Welt auf, sondern die beunruhigende Frage:
Wer bin ich schon - ich, der irgendwo zwischen diesen Dimensionen des Kleinsten
und der undenkbaren Grösse des Alls mein Leben führen muss: Bin ich ein
Sandkorn am Rande des Universums? Oder bin ich wertvoll? Bin ich ein
Zufallsprodukt oder gibt es jemanden - einen Gott - der mich wollte und mir den
Sinn meines Lebens offenbaren könnte? Die Frage führte mich auf die Suche. Eine
Antwort fand ich erst, als ich in einem einfachen Gebet dem Gott der Bibel
begegnete. Von da an wusste ich: Was immer mir im Leben widerfahren wird, ich
werde von diesem Gott geliebt.
Für viele Menschen
widerspricht die Bibel der modernen Wissenschaft. Als gläubiger Wissenschaftler
haben Sie beides miteinander versöhnt. Wie schaffen Sie das?
Die biblischen Texte wollen gar nicht mit der modernen
Wissenschaft konkurrieren. Ich lese sie daher auch nicht so. Andererseits
überschreitet die Wissenschaft manchmal ihre Grenzen. Etwa, wenn sie behauptet,
dass nur das wirklich sei, was die Naturwissenschaft beschreibt. Es gibt viel
mehr als das, was mathematisch und physikalisch erfassbar ist. Ich gehe davon
aus, dass es nur eine Wahrheit gibt. Und wenn sich im Glauben erkannte
Wahrheiten und wissenschaftliche Erkenntnisse reiben, dann muss man eben etwas tiefer nachforschen.
Vielleicht ist die
wichtigere Wahrheit ja nicht eine naturwissenschaftliche, sondern eine
sozialethische, die das Zusammenleben der Menschen im Auge hat?
So könnte man es tatsächlich sehen. Schon Jesus sagte, das
Wichtigste in Gottes Anweisungen, welche das Zusammenleben leiten sollen, seien
«das Recht, die Barmherzigkeit und die Treue». Mit «Recht» sind unabhängige
Richter gemeint, die sich nicht bestechen lassen, und die Gleichheit vor dem
Gesetz garantiert, also eine gute Rechtsordnung. Die Barmherzigkeit beschreibt
Jesus etwas später, wenn er sagt: «Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen
gegeben. Ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich war fremd
und ihr habt mich aufgenommen. Ich war nackt und ihr habt mich bekleidet...»
(Matthäus-Evangelium, Kapitel 25 ab Vers 35). Und Treue meint, dass man sich
aufeinander und auf allgemein akzeptierte Regeln des Miteinanders verlassen
kann. Diese drei Dinge sind in der Tat für unser Zusammenleben viel wichtiger
als all unsere naturwissenschaftlichen Erkenntnisse.
Ist es in der
heutigen Zeit nicht fast unmöglich, solche moralische Prinzipien umzusetzen?
Es wäre wohl unmöglich, wenn Jesus Christus nicht den Weg
der Versöhnung aufgezeigt hätte. Einer der zentralsten biblischen Texte erzählt
die Geschichte des «verlorenen Sohnes», der seinen Erbvorschuss weitab vom
Vaterhaus verprasst hat und am Schweinetrog landete. Dort, am tiefsten Punkt
seines Lebens erinnert er sich an seinen Vater und kehrt zu ihm zurück. Dieser
empfängt ihn, ohne ihm Vorhaltungen zu machen, nimmt ihn in die Arme und
bereitet ihm ein grosses Fest. Diese Geschichte erzählt Jesus, um uns zu sagen,
dass wir immer zu Gott dem liebenden Vater zurückkehren dürfen. Immer wird er
uns vorbehaltlos wieder aufnehmen – woher wir auch kommen. Zu wissen, dass ich
gewollt und geliebt bin, führt zu einem sehr entspannten Leben. Hier wäre also
ein Angebot für uns gehetzte Menschen des 21. Jahrhunderts: Rückkehr zu Gott –
nach Hause kommen in das Haus des liebenden Vaters. So kann uns wieder klar
werden, dass wir unseren Wert nicht selber verdienen müssen.
Dieser Text wurde uns von «Viertelstunde für den Glauben», der Weihnachtszeitung der Schweizerischen Evangelischen Allianz, zur Verfügung gestellt. Die Zeitung kann unter www.viertelstunde.ch bestellt werden. Übrigens: Die «Viertelstunde für den Glauben» eignet sich auch zum Weiterverschenken auf Weihnachten.
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Autor: Thomas Hanimann
Quelle: SEA / Viertelstunde für den Glauben